Arbeiten wie ein Traktor zu Wasser

Berky aus Haren (Ems) hat sich auf die Gewässerunterhaltung spezialisiert. Im Mittelpunkt stehen multifunktionale Mähboote. Seit dem Generationswechsel vor fünf Jahren steigt die Zahl der Mitarbeiter und der Exportländer rasant. Ebenso die Produktvielfalt, und der Umsatz hat sich verdreifacht.

Berky: Arbeiten wie ein Traktor zu Wasser

Neben Booten ist Berky auch im Fahrzeugbau tätig. Im Bild der Berky-Trac auf einer Maschinenvorführung im Jahr 2015.

Berky: Arbeiten wie ein Traktor zu Wasser

Das junge Geschäftsführer-Duo Frank Suelmann (links) und Felix Knoll hat seit 2016 einiges bewegt.

Im Eingangsbereich fällt eine anmutige Fotografie von einem Schwan im Wasser sofort ins Auge. Gegenüber ist ein romantisches Bild von einem See im Sonnenuntergang zu sehen. „Wir wollen hier nicht mehr nur Maschinen zeigen, sondern Bilder von gesunden Gewässern, also das, wofür unsere Maschinen gebraucht werden“, sagt Felix Knoll, der zusammen mit Frank Suelmann die Geschäfte der Firma Berky führt. Berky produziert im emsländischen Haren (Niedersachsen) Fahrzeuge und Boote für die Gewässerunterhaltung.

Bis zum Jahr 2019 war der Hersteller als „Anton Berkenheger GmbH & Co. KG“ bekannt. „Aber viele Kunden kennen uns nur unter dem Namen Berky. Wenn sie in Ausstellungsverzeichnissen von Messen unter dem Buchstaben B gesucht haben, waren wir jedoch nicht zu finden“, begründet Knoll die Namensänderung.

Doch dieser Schritt ist nicht die einzige Neuerung unter der Führung der jungen Geschäftsleitung. Seit dem Generationswechsel 2016 haben sie einiges bewegt: Die Mitarbeiterzahl ist von 50 auf 80 angestiegen, der Umsatz hat sich seitdem auf knapp 9 Mio. Euro verdreifacht und das Exportgeschäft ist rasant gewachsen. Kein Wunder, dass es dafür schon mehrere Preise gab: den Unternehmenspreis des emsländischen Wirtschaftsverbandes, den VR Mittelstandspreis für die Region Weser-Ems und den niedersächsischen Außenwirtschaftspreis im Jahr 2020.

Berky: Arbeiten wie ein Traktor zu Wasser

Der Prototyp der neuen Mäh-Hark-Kombination.

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Ein Amphibienboot mit Raupenantrieb.

Gilbers Mähtechnik weitergeführt

Wegen der guten Entwicklung wurde auch das Unternehmen „Projekt Maschinenbau“ aus dem 15 km entfernten Twist auf Berky aufmerksam. Die beiden Inhaber Heinz und Eleonora Koers suchten im Rahmen der Nachfolgeregelung einen geeigneten Partner, um die Sparte „Gilbers Mähtechnik“ weiterzuführen und weiterzuentwickeln. Gilbers produziert Anbaugeräte für Traktoren und Unimogs, die zum Beispiel bei der Pflege von Straßenrändern oder Baumreihen eingesetzt werden. „Wir haben alle Mitarbeiter übernommen und die Produktion nach Haren verlegt“, berichtet Knoll.

Gleichzeitig hat Berky auch am Standort kräftig investiert. Für 1,2 Mio. Euro entstand im Jahr 2019 eine neue Produktions- und Lagerhalle mit 1200 m2 Innenfläche, ein 3000 m2 großes Testgelände einschließlich eines 30 x 10 m großen Wasserbeckens. Vor zwei Jahren stiegen auch zwei Business-Angel in die Firma ein, um das junge Team mit Kapital und Erfahrung zu begleiten.

Das Wachstum ist einmalig in der fast 60-jährigen Geschichte des Herstellers, die 1963 begann. Damals erhielt Anton Berkenheger ein Patent auf seine erste Erfindung: ein Dreirad-Mähgerät für Grabenböschungen. Er legte damit den Grundstein für die heutigen vollhydraulischen Grabenmäh- und Räumgeräte.

Berkenheger war Landwirt und Erfinder, der die mühsame Handarbeit bei der Unterhaltung der Gräben in den Moorgebieten im Emsland einfacher machen wollte. Unterstützt wurde er von seinen Nachbarn Josef Göcking und Gerhard Knoll. Göcking war Kaufmann, Gerhard Knoll Bauunternehmer, der eine Garage als erstes Firmengebäude zur Verfügung stellte. Er war der Großvater des heutigen Geschäftsführers.

1964 gründeten Berkenheger, Knoll und Göcking die Anton Berkenheger & Co. KG in Haren-Erika und stellten vier Mitarbeiter ein.

Berky: Arbeiten wie ein Traktor zu Wasser

Neu im Programm: Mähboot mit Elektroantrieb. Neumann

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Das zusammen mit Everwave entwickelte Müllsammelboot.

Mähboote als Spezialität

Von den ersten Grabenmähgeräten entwickelte sich das Produktportfolio in den 1980er Jahren weiter in Richtung Mähboote. „Der Wunsch kam von den Wasser- und Bodenverbänden, unseren größten Abnehmern. Denn es gibt viele Gewässer, die sich nicht allein vom Rand aus pflegen lassen“, erklärt der heutige Geschäftsführer.

Die Vertriebsaktivitäten beschränkten sich bis 2016 überwiegend auf Deutschland, nur vereinzelt gab es Anfragen aus dem Ausland. „Mittlerweile haben wir aber aktiv nach Partnern in verschiedenen Ländern gesucht“, sagt Knoll. Heute verkauft Berky Mähboote und anderes in viele Länder in Asien, Afrika, USA und Südamerika.

Bei den Mähbooten unterscheidet der Hersteller grob zwei Kategorien: Mähboote wie Typ 6310 und Mähsammelboote wie Typ 6520. Die kleinen Boote messen circa 4 mal 1,50 m, größere sind etwa 10 m lang und 3 m breit. Die kleineren werden von einer Person bedient, bei den größeren gibt es eine Kabine für mehrere Personen.

Die Boote können wie ein Traktor mit verschiedenen Anbaugeräten wie Bagger, Fräse, Seitenschneidwerk oder Schlammabsauger ausgestattet werden, es gibt sie aber auch speziell für nur einen Zweck. „Wir arbeiten sehr individuell und haben allerhöchstens Kleinserien mit Losgrößen von zwei bis vier Modellen“, sagt Knoll.

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Der dreirädrige Böschungsmäher Berky 2200 fährt am Grabenrand.

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In diesem Wasserbecken testet Berky neue Boote.

Verschiedene Anbaugeräte

Mähboote schneiden Wasserpflanzen nicht nur ab, sie können sie je nach Ausstattung auch aufsammeln. Über Förderbänder transportieren sie das abgeschnittene Material in den Laderaum des Bootes. Die Förderbänder ragen dabei schräg nach unten ins Wasser. Gleichzeitig dienen sie – schräg nach oben gestellt – auch zum Entladen des Materials auf einen Lkw, in eine Mulde oder ähnliches. Die Bänder laufen dann rückwärts.

Die Schlammabsaugung hilft, zum Beispiel Binnenhäfen weiterhin für den Schiffsverkehr offen zu halten. Das ist gerade im Ausland sehr gefragt. Dabei dreht sich ein Bohrkopf im Schlamm mit einer Geschwindigkeit von 30 bis 40 Umdrehungen pro Minute. Der gelöste Schlamm wird durch eine flexible Rohrleitung wie durch eine Pipeline zum Beispiel in ein Spülfeld am Rand des Gewässers gepumpt.

Eine weitere Besonderheit sind Amphibienboote. „Es gibt verschiedene Gewässer, an die kommt man mit dem Transport-Lkw nicht heran beziehungsweise findet keinen festen Standplatz zum Entladen. Darum haben wir die Boote mit Raupenfahrwerk entwickelt, damit sie selbstständig durch sumpfiges Gelände ins Gewässer fahren können“, erklärt Knoll.

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Blick in die Produktionshalle: wie eine kleine Werft.

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Berky bietet auch Ausleger und spezielle Mulchgeräte für die Gewässerrandpflege an.

Auch Fahrzeuge im Programm

Neben den Booten ist Berky aber auch im Fahrzeugbau tätig. Eine Spezialität ist der 2200 Böschungsmäher: Das dreirädrige Gerät fährt auf einer Spurbreite von 50 cm mit zwei Rädern hintereinander. Das dritte Rad ist als Stützrad an einem Ausleger montiert und rollt im Graben. Damit kann der Mäher auch am Ackerrand fahren, ohne die Kulturen zu schädigen. Ausstatten lässt er sich mit Front- und Heckauslegern mit entsprechenden Anbaugeräten.

Ein weiteres Fahrzeug ist der Berky-Trac mit 175 PS, drehbarer Kabine und verschiedenen Anbauräumen für Mähgeräte und Seitenausleger.

Außerdem hat Berky eine breite Palette an Anbaugeräten wie Mulcher, Kreiselräumharken oder Fingermähbalken im Programm. Alle sind an die Anforderungen bei der Gewässerpflege angepasst. „Wir nutzen viele Komponenten aus der Landtechnik wie zum Beispiel ESM-Mähbalken oder Zinken von Schwadern“, sagt Knoll.

Ähnlich wie in der Landmaschinenindustrie entwickelt Berky neue Maschinen im Prototypenstadium, vergibt die Produktion der Bauteile dann aber an externe Stahlbaufirmen. Die Endmontage und Lackierung erfolgt dann wieder in Haren.

Mäh-Hark-Kombination

Eine typische Neuheit, die jetzt als Prototyp existiert, ist eine Kombi-Maschine, bestehend aus Mähbalken und Bandräumharke. Bei dieser wird das abgemähte Material mithilfe von Federzinken auf einem Räumband hoch zum Grabenrand befördert. „Unsere Konstrukteure haben sich bemüht, das Gesamtgewicht des Kombigeräts auf unter 600 kg zu halten. Damit wiegt es etwa so viel wie ein Mulcher“, sagt Knoll. Der Fahrer kann es als Kombigerät nutzen, Schneidwerk und Harke aber auch getrennt voneinander einsetzen.

Vermietgeschäft wächst

Beim Vertrieb setzt Berky auf Vertriebspartner aus dem Bereich Land- und Kommunaltechnik. Nur das Gebiet im Umkreis des Unternehmens, das sich in etwa zwei Autostunden erreichen lässt, bedient Berky von Haren aus.

Bei Mähbooten wächst die Nachfrage nach der Vermietung. Daher hat Berky hierfür ein eigenes Team innerhalb der Vertriebsmannschaft aufgebaut. „Seit etwa drei Jahren gibt es Anfragen von Angelvereinen, Anbietern von Campingplätzen, aber auch von Deichverbänden, die ein Boot nur für die Saison im Sommer mieten wollen“, berichtet Knoll. Um sich rechtzeitig auf die Anzahl der Mietboote einstellen zu können, bietet Berky im Februar einen Frühbucherrabatt von 20 % auf den Mietpreis an.

Im Winter nimmt Berky die Geräte zurück und lastet damit Mitarbeiter im Service aus. Gebrauchte Maschinen sind auch im Verkauf stark gefragt, vor allem im Ausland. Wegen des wachsenden Maschinenparks in der Vermietung ist dafür immer ein breites Angebot an Gebrauchtmaschinen vorhanden.

Es gibt darüber hinaus auch technisch neue Entwicklungen wie den Elektroantrieb bei den Booten. „Wir arbeiten immer weiter daran, optimale Technik für eine möglichst umweltschonende Gewässerpflege anbieten zu können“, blickt Knoll in die Zukunft.


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