Emissionsfreies Arbeiten und fahrerlose Maschinen sind die großen Trends

Coronabedingt wurde die Bauma in diesem Jahr von April um sechs Monate nach hinten verlegt. Vom 24. bis 30. Oktober dreht sich auf dem Münchner Messegelände alles um Baumaschinen, Baufahrzeuge, Baugeräte und Komponenten. In diesem Jahr wird der Fokus vor allem auf elektrischen Antrieben und autonomen, fahrerlosen Maschinen liegen.

Bauma 2022: Emissionsfreies Arbeiten und fahrerlose Maschinen sind die großen Trends

Die Bauma in München fand zuletzt 2019 statt.

Emissionsfreies Arbeiten gehört zu den großen Trends der Baumaschinenbranche. Hier ein erster Ausblick auf die bei der Bauma zu erwartenden Produktneuheiten.

Um im Sinne des Klimaschutzes Treibhausgasemissionen zu reduzieren, werden immer mehr Baumaschinen und -fahrzeuge mit elektrischem Antrieb entwickelt. Weitere Vorteile befeuern diesen Trend. So sind E-Motoren geräuscharm, was sie für Arbeiten an lärmsensiblen Orten empfiehlt – beispielsweise in der Nachbarschaft zu Krankenhäusern oder auf innerstädtischen Baustellen. Ferner schützen sie die Bediener wie auch die Umgebung vor lokalen Abgasen. So sind viele Arbeitsschritte auch in gering belüfteter Umgebung problemlos möglich.

Ein weiterer Pluspunkt: Elektromotoren gelten als wartungsarm und effizient. Damit sorgen sie für niedrige Betriebs- und Energiekosten. Folgerichtig ist „Der Weg zur Null-Emission“ auch eines der Leitthemen der diesjährigen Bauma. Schon jetzt haben etliche Aussteller für die Schau brandneue E-Lösungen angekündigt.

Reversierbare Vibrationsplatte mit Akku

Dazu zählt die erste akkubetriebene reversierbare Vibrationsplatte mit Direktantrieb. Bei der APU3050e des Herstellers Wacker Neuson erfolgt der Fahrtrichtungswechsel über die bewährte hydraulische Verstellung wie bei konventionellen Modellen. Die Maschine mit einer Arbeitsbreite von 50 cm und einer Zentrifugalkraft von 30 kN zeichnet sich durch ihre gute Führbarkeit aus und ist durch die niedrigste Bauhöhe aller reversierbaren Vibrationsplatten auf dem Markt auch für den Einsatz in engen Gräben bestens geeignet.

Emissionsfrei mit E-Tandemwalzen verdichten

Dort, wo in noch größerem Maßstab emissionsfrei verdichtet werden soll, können künftig elektrisch angetriebene Tandemwalzen eingesetzt werden. Als Weltpremiere präsentiert die Hamm AG auf der Bauma dazu acht Modelle der Serie HD CompactLine. Bei diesen kommt der Strom von einem wartungsfreien Lithium-Ionen-Akku mit einer Kapazität von rund 23 kWh. Darüber hinaus wird die beim Bremsen freigesetzte Energie der Fahr- und Vibromotoren über Rekuperation genutzt. Die Kapazität des Akkus reicht für einen ganzen Arbeitstag. Der E-Antrieb reduziert auch die Schallemissionen drastisch. Damit sind die E-Tandemwalzen geeignet für alle Bereiche, in denen besonders leise verdichtet werden soll. Weil in solchen Umgebungen oft auch eine niedrige Vibrationsbelastung gefordert ist, stellt der Verdichtungsspezialist neben E-Vibrations- und Oszillationswalzen auch eine E-Kombiwalze mit Oszillation vor.

Bauma 2022: Emissionsfreies Arbeiten und fahrerlose Maschinen sind die großen Trends

Bereits auf der Bauma 2019 präsentierte der japanische Hersteller Tadano ein elektrohydraulisches System mit integriertem 32-kW-Elektromotor.

Bauma 2022: Emissionsfreies Arbeiten und fahrerlose Maschinen sind die großen Trends

Noch ein Konzept: Der T7 X von Bobcat arbeitet komplett ohne Hydraulikflüssigkeiten. Alle Antriebe sind elektrisch.

Vollelektrischer Kompaktlader als Konzept

Noch im Konzeptstatus ist der T7 X, der erste vollelektrische Kompaktlader der Welt. Dessen Hersteller Bobcat will die Bauma dazu nutzen, weiterhin Kundenfeedback aus verschiedenen Bereichen zu sammeln. Ziel ist es, die Marktchancen der Maschine in Europa, dem Nahen Osten und Afrika noch besser einschätzen zu können. Mit seinem 62 kWh starken Lithium-Ionen-Akkupack kann der T7 X vier Stunden im Dauerbetrieb arbeiten. Seine fahrbare Nutzlast beträgt knapp 1.400 kg. Im Unterschied zu allen anderen Ladern der Welt benötigt die Innovation praktisch keine Flüssigkeiten: Bobcat hat die traditionelle hydraulische Arbeitsgruppe vollständig durch ein elektrisches Antriebssystem ersetzt, das aus elektrischen Zylindern und elektrischen Antriebsmotoren besteht. Die einzige Flüssigkeit, mit der die Maschine befüllt wird, sind rund vier Liter umweltfreundliches Kühlmittel.

Betonmischer mit 100 Prozent E-Antrieb

Mit dem iONTRON eMischer von Putzmeister kann in Zukunft auch der Betontransport vollelektrisch vonstattengehen. Die Batterie des Fahrzeugs hat eine Leistung von 350 kWh. Damit reicht eine Akkuladung für fünf bis sechs Touren im urbanen Bereich – also in der Regel für einen ganzen Arbeitstag. Sind mehr Einsätze geplant, kann einfach zwischengeladen werden. Die volle Energie holt sich der Mischer über Nacht durch die Aufladung an einer DC-Ladesäule zurück. Sein nahezu lautloser Fahrbetrieb ermöglicht einen uneingeschränkten Einsatz auch dort, wo strenge Lärmschutzauflagen gelten – ein bedeutender Wettbewerbsvorteil bei Ausschreibungen in Ballungsgebieten. Steigende Preise für fossile Brennstoffe machen den E-Antrieb zudem zu einer auch sparsamen Alternative.

Lasten elektrohydraulisch heben

Das E-Pack von Tadano ist ein elektrohydraulisches System mit integriertem 32-kW-Elektromotor für einen geräuscharmen und emissionsfreien Kranbetrieb. Diese Lösung war bereits auf der letzten Bauma im Jahr 2019 zu besichtigen. Allerdings war sie damals nur für ein einziges Kranfahrzeug verfügbar. In diesem Jahr zeigt Tadano auf der Weltleitmesse, dass mittlerweile fünf seiner AC-Krane mit dem E-Pack bestellt oder vorhandene Krane damit nachgerüstet werden können.

Außerdem wird der japanische Hersteller in einer Vorschau über den weltweit ersten vollelektrischen Rough-Terrain-Kran informieren. Die Maschine befindet sich derzeit in einer weit fortgeschrittenen Entwicklungsphase und soll Ende 2023 in den Markt eingeführt werden. Sie wird in der Lage sein, ausschließlich mit der von seinen Batterien gelieferten Energie zum Einsatzort und wieder zurückzufahren und dort alle Hübe durchzuführen.

Weitere Aussteller haben zwar neue E-Maschinen bereits angekündigt, wollen aber erst auf der Bauma selbst „die Katze aus dem Sack lassen“. Dazu gehört das Nachfolgemodell des allradgelenkten elektrischen Radladers 5055e der Kramer-Werke GmbH. Außerdem verspricht das Unternehmen als Neuheit einen E-Teleskoplader – ohne jetzt schon weitere Details zu verraten. Auch deshalb lohnt sich ein Besuch des Münchner Messegeländes im Oktober.

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Eines der Leitthemen der diesjährigen Bauma ist die digitale Baustelle.

Autonome Baumaschinen als Entwicklungsziel

Mag es auch noch einige Hürden zu überwinden geben – die Entwicklung von autonomen Baumaschinen zählt bei den Herstellern wie auch den Forschungseinrichtungen zu den großen aktuellen Zielen. Dementsprechend wird sich das Thema auch in vielen Facetten auf der Bauma wiederfinden.

„Allerdings ist eine ‚echte‘ Autonomie bei Baumaschinen in absehbarer Zeit kaum vorstellbar, da – anders als zum Beispiel im abgeschlossenen Arbeitsumfeld eines Steinbruchs oder Bergwerks – komplexe technische und sicherheitstechnische Herausforderungen existieren“, sagt Tim-Oliver Müller. Nach Einschätzung des Hauptgeschäftsführers des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie e.V. deutlich realistischer und für die Bauwirtschaft greifbarer sind die Entwicklung und der Einsatz „intelligenter“ Baumaschinen mit halbautomatisierten, automatisierten oder unterstützenden Funktionen – und dies bei ausgewählten Bauprozessen, beispielsweise im Erd-, Straßen- oder Spezialtiefbau. „Solche Lösungen haben das Potenzial für merkliche Effizienz- und Produktivitätssteigerungen“, unterstreicht Müller. So könnten sie den Maschinenführer bei sich wiederholenden und ermüdenden Tätigkeiten entlasten. Intelligente Maschinen seien zudem unabhängiger von deren individuellen Fähigkeiten – in Zeiten des Fachkräftemangels ein nicht zu unterschätzender Vorteil, so der Branchenkenner.

Eine Standortbestimmung auf dem Weg hin zu autonomen oder zumindest intelligenten Baumaschinen soll die Bauma ermöglichen.

MiC 4.0: Grundlagenarbeit für die Baustelle der Zukunft

Um zunächst eine Teilautonomie auch auf komplexeren Baustellen zu ermöglichen, ist eine herstellerübergreifende Machine-to-Machine-Kommunikation essenziell. Die Voraussetzungen dafür will der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e. V. (VDMA) zusammen mit dem Hauptverband der deutschen Bauindustrie (HDB) schaffen. Deshalb gründeten die Verbände auf der Bauma 2019 die Arbeitsgemeinschaft „Machines in Construction 4.0“ (MiC 4.0). „Aktuell haben wir 105 Mitglieder aus sieben Nationen sowie 31 Arbeitsgruppen“, berichtet Dr. Darius Soßdorf, Geschäftsführer von MiC 4.0. Damit die Prozesse auf den Baustellen in Zukunft digitaler, intelligenter und letztlich auch autonomer ablaufen können, müssen beispielsweise die Daten zu den Maschinenzuständen vereinheitlicht werden. Das beginnt schon bei der Information, ob eine Maschine an oder aus ist. „Während dies bislang die Hersteller für ihre Produkte selbst definierten, gilt jetzt für alle Hersteller, die sich zu MiC 4.0 bekennen: Bei jeder Baumaschine mit Verbrennungsmotor, die das Signal ‚an‘ sendet, dreht sich die Kurbelwelle des Motors“, beschreibt Soßdorf. Der hierbei verwirklichte, gemeinsame Ansatz ist nach seinen Worten absolut neu und einzigartig.

Diese und viele weitere der in den letzten drei Jahren von MiC 4.0 erreichten Ergebnisse werden der Fachöffentlichkeit auf der Bauma in der Innovationshalle LAB0 vorgestellt. Neben der Präsentation der erarbeiteten Dokumente wird es dabei auch eine physische Demonstration geben.

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Mit dem iONTRON eMischer von Putzmeister erfolgt der Betontransport elektrisch.

Cobots reduzieren die Prozesszeit

Maximilian Schöberl vom Lehrstuhl für Fördertechnik Materialfluss Logistik der Technischen Universität München rechnet damit, dass in zehn Jahren vielfältige Cobots auf den Baustellen aktiv sein werden. Der Begriff ist die Verbindung der englischen Worte Collaboration und Robot. Er beschreibt Roboter, die für die direkte Zusammenarbeit mit dem Menschen konzipiert wurden. Für Entwicklungen in diese Richtung gingen Schöberl und ein Forschungsteam des Lehrstuhls von einer handelsüblichen, funkferngesteuerten Rüttelplatte aus. Diese wurde zunächst mit entsprechenden Sensoren und Steuereinheiten „autonomiefähig“ gemacht. Anschließend koppelten die Wissenschaftler die Maschine im Leader-Follower-Prinzip an einen Bagger: Der Bagger erstellte ein Planum, während ihm die Rüttelplatte selbsttätig und kontinuierlich folgte und dabei das Massengut verdichtete. „Im Ergebnis konnten durch die Kooperation Arbeitsschritte parallel geschaltet und die Prozesszeit im Idealfall halbiert werden“, berichtet Schöberl.

Rahmenprogramm mit Info-Highlights

Neben den Ausstellern und ihren Exponaten bietet die Bauma auch in diesem Jahr ein umfangreiches Rahmenprogramm mit vielgestaltigen, teils neuen Formaten an. Bei diesem präsentieren etablierte Unternehmen, Start-ups, Verbände und Forschungseinrichtungen wegweisende Lösungen und diskutieren die großen aktuellen Trends der Branche.

Bauma FORUM mit täglich wechselndem Leitthema

In diesem Jahr gibt es für den Wissenstransfer mit der Innovationshalle Bauma LAB0 einen neuen zentralen Ort. So wird hier zum Beispiel das Bauma FORUM mit Vorträgen, Präsentationen und Podiumsdiskussionen platziert sein. Vom 24. bis 28. Oktober widmet sich das Forenprogramm jeden Tag einem anderen der fünf Leitthemen der Bauma. Diese reichen von „Bauweisen und Materialien von morgen“ über „Bergbau – nachhaltig, effizient und zuverlässig“ bis zu „Der Weg zur Null-Emission“.

Am 24. Oktober werden im Forum außerdem die Gewinner aus den fünf Kategorien des Bauma Innovationspreises 2022 vorgestellt. Mit dem Preis würdigen der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e. V. (VDMA), die Messe München und die Spitzenverbände der deutschen Bauwirtschaft Forschungs- und Entwicklungsteams von Unternehmen und Hochschulen, die praxistaugliche Spitzentechnik für die Bau-, Baustoff- und Miningindustrie zur Markreife bringen. Die Preisträger haben dabei Ressourcen, Umwelt und Menschen gleichermaßen im Blick.

Science Hub und Start-up Area

In unmittelbarer Nähe zum Forum befindet sich der Science Hub. In diesem Bereich informieren zehn Hochschulen und wissenschaftliche Institute über den neuesten Stand ihrer Forschung. Auch hier dienen die fünf Leitthemen als Strukturgeber.

Ein weiteres Segment der Innovationshalle im Internationalen Congress Center München (ICM) ist die neu ins Leben gerufene Start-up Area, in der sich zukunftsträchtige Nachwuchsunternehmen der Fachöffentlichkeit vorstellen können.

Als Besuchermagnet hat sich bereits 2019 die VR Experience bewiesen. Zur Bauma 2022 wird diese mit einer thematischen Neuausrichtung die Digitalisierung von Baustellen fokussieren. Besucher der VR-Experience können hier in die Baustelle von heute und morgen eintauchen und das Interagieren zwischen Mensch und Maschine im digitalen Raum persönlich erleben. Die Bauma VR Experience wird auch in diesem Jahr Teil der Innovationshalle LAB0 sein.

Berufsperspektiven für junge Menschen

THINK BIG! – eine Initiative des VDMA und der Messe München – richtet sich vor allem an Schülerinnen und Schüler. Firmen präsentieren im ICM „Technik zum Anfassen“ mit einer großen Werkstatt-Show, Mitmach-Aktionen, Spielen und Informationen rund um eine berufliche Zukunft in der Branche.

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