Im Verbund auf dem Acker unterwegs

Die sieben Unternehmen und vier Forschungsinstitute des Feldschwarm-Konsortiums werden die Grundlagentechnologien für autonom operierende Anbaugeräte in der Landtechnik entwickeln. Dieser Technologiewandel in der Landwirtschaft hin zu leichten, flexibel einsetzbaren, hochautomatisierten, elektrifizierten Gerätesystemen bietet dem Landmaschinenbau Chancen, sich neu zu etablieren. Als Verbundpartner übernimmt die IAV die Entwicklung von Umfeldsensorik und Sensordatenfusion unter Berücksichtigung der spezifischen Einsatzbedingungen landtechnischer Fahrzeuge. Darüber hinaus sollen angepasste Datenkarten sowie Navigationskomponenten zur Routenplanung des gesamten Schwarms erarbeitet werden.

Automated Driving: Im Verbund auf dem Acker unterwegs

Hochautomatisiert, kompakt und flexibel einsetzbar: Im Projekt Feldschwarm werden die Landmaschinen der Zukunft entwickelt.

Die technologische Weiterentwicklung von Landmaschinen folgte bisher der Devise: größer, spezialisierter und mit mehr Motorleistung – eine Entwicklung, die langsam, aber sicher an ihre Grenzen stößt. Denn gesetzliche Vorgaben des Straßenverkehrs, das zunehmende Maschinengewicht mit der einhergehenden Bodenverdichtung oder Umweltschutzaspekte setzen dem Wachstum Grenzen. „Die zunehmende Spezialisierung, insbesondere bei Erntemaschinen, führt zu immer höheren Anschaffungs- und Wartungskosten bei gleichzeitig sinkender Flexibilität der Arbeitsprozesse“, sagt Markus Robert, Experte für Perzeption und Simulation bei der IAV. „Dadurch erhöht sich letztlich auch die Abhängigkeit des Landwirts von der permanenten Einsatzfähigkeit der Maschine. Bei einem Maschinenausfall, vor dem Hintergrund immer kürzerer Erntefenster, bedeutet dies unmittelbar finanzielle Einbußen für die Landwirte.“ Gleichzeitig wird der Beruf des Landwirts immer unattraktiver und geht häufig mit langen, monotonen Arbeitstagen einher, sodass qualifiziertes Personal zur Mangelware wird.

Robert leitet für die IAV das Forschungsprojekt Feldschwarm, das statt auf wenige große und spezialisierte Landmaschinen auf hochautomatisierte, kompakte und flexibel einsetzbare Maschinenschwärme setzt. Wesentliche Vorteile: Durch ein geringeres Fahrzeuggewicht wird der Boden geschont, der Ausfall eines Fahrzeugs kann leichter kompensiert werden und austauschbare Arbeitswerkzeuge steigern die Maschinenflexibilität. Gleichzeitig sind die Schwärme rund um die Uhr einsatzfähig, und die klassische Rolle des Fahrers wandelt sich zu einem Systemüberwacher und -manager, der für den gesamten Verbund verantwortlich ist. „Durch den hohen Automatisierungsgrad tragen die Maschinen aber auch zu ressourcenschonenderen und ökologischeren Verfahren in der Landwirtschaft bei. Die Landwirte können die Schwärme gezielter einsetzen – beispielsweise beim Einsatz von Spritz- oder Düngemitteln“, sagt Robert. Voraussetzung für den gezielten Einsatz ist, dass die Landmaschinen nicht nur Spreu vom Weizen trennen, sondern tatsächlich auch erkennen und unterscheiden, ob die Pflanzen gesund und die Früchte reif sind oder ob Gegenstände oder Menschen den Weg versperren, um entsprechend die richtigen Schlüsse zu ziehen.

Im Projekt Feldschwarm entwickelt und verantwortet die IAV die intelligente Umfeldwahrnehmung – den Sehsinn für die Landmaschinen. Das landwirtschaftliche Feld stellt die Ingenieure dabei vor besondere Herausforderungen. „Die klassischen Verfahren zur Umfelderkennung und Kollisionsvermeidung aus dem Automotivebereich, wie das einfache Erkennen von Objekten, reichen nicht aus“, sagt Robert. „Die Umfeldwahrnehmung muss so präzise arbeiten, dass sie die unterschiedlichsten Objekte, Gegenstände und Pflanzen nicht nur erkennen, sondern genau klassifizieren kann.“ Robert und sein Team haben dafür zunächst Objekte in drei Gruppen kategorisiert: dynamische Objekte wie Fahrzeuge, Menschen und Tiere, statische wie Strommasten oder Entwässerungsgräben, und semi-statische wie Strohballen oder kurzzeitig abgestellte Arbeitsgeräte. Statische und semi-statische Objekte lassen sich im zweiten Schritt dauerhaft oder kurzzeitig kartieren. „Die Maschine kann sich die Position des Objektes merken und es ohne Zutun umfahren“, sagt Robert. „Schwierig wird es bei dynamischen Objekten, denn die lassen sich nicht kartieren und können nur durch intensives Training der Umfelderkennung sicher klassifiziert werden.“

Automated Driving: Im Verbund auf dem Acker unterwegs

Fotorealistische Simulation mit variierenden Objekten, Szenen, Wetterbedingungen.

Automated Driving: Im Verbund auf dem Acker unterwegs

Automatisches Labeln von Objekten und Erzeugen von Trainingsdaten für neuronale Netze.

Die IAV-Experten haben dafür neuronale Netze trainiert und sie immer und immer wieder mit Bildmaterial gefüttert, um so die Trefferquote und die richtige Zuordnung der Objekte durch die Sensoren der Landmaschine – Lidare, Radare und Kameras – zu erhöhen. Robert und sein Team mussten dafür neue Wege gehen, denn im landwirtschaftlichen Bereich gibt es bisher, anders als für den Straßenverkehr, kaum frei verfügbare Trainingsdaten. „Neben realen Datensätzen haben wir zahlreiche fotorealistische Simulationsumgebungen geschaffen, mit variierenden Objekten, Szenen und Wetterbedingungen, um automatisiert Trainingsdaten für die Netze zu generieren. Damit können wir dem System beibringen, was zum Beispiel eine Maispflanze ist, wie Unkraut aussieht oder bei welchen Objekten es sich um Bäume handelt. Mit diesem umfangreichen Set aus virtuellen und realen Trainingsdaten haben wir die neuronalen Netze auf die ersten Feldversuche in der realen Umgebung vorbereitet“, erklärt Robert.

Diese Versuche stehen nun an. Das Erprobungsfahrzeug wurde in den Wintermonaten aufgebaut und um die Komponenten und Sensoren für die Umfeldwahrnehmung erweitert. Die Landtechnik der Zukunft rückt einen Schritt näher.

Projekt FELDSCHWARM – Autonome Feldmodule für den ressourcenschonenden Landbau

Die sieben Unternehmen und vier Forschungsinstitute des Feldschwarm-Konsortiums werden die Grundlagentechnologien für autonom operierende Anbaugeräte in der Landtechnik entwickeln.

Automated Driving: Im Verbund auf dem Acker unterwegs

Dieser Technologiewandel in der Landwirtschaft hin zu leichten, flexibel einsetzbaren, hochautomatisierten, elektrifizierten Gerätesystemen bietet dem Landmaschinenbau Chancen, sich neu zu etablieren. Als Verbundpartner übernimmt die IAV die Entwicklung von Umfeldsensorik und Sensordatenfusion unter Berücksichtigung der spezifischen Einsatzbedingungen landtechnischer Fahrzeuge. Darüber hinaus sollen angepasste Datenkarten sowie Navigationskomponenten zur Routenplanung des gesamten Schwarms erarbeitet werden.

Projektpartner: Reichhardt Elektronik GmbH, Indikar, Individual Karosseriebau GmbH, EIDAM Landtechnik GmbH, BITSz electronics GmbH, ILEAG e.V., Institut für leichte elektrische Antriebe und Generatoren, John Deere ETIC, Fraunhofer Institut für Verkehrs- und Infrastruktursysteme, Fraunhofer Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik, IAV GmbH, Raussendorf GmbH, TU Dresden.

Kontakt: markus.robert @ iav.de


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