Förderung leider ohne Verteilgenauigkeit

Erfahrungen eines Landwirtes mit der „Bauernmilliarde“ – Statt notwendiger Liquidität bringt die Förderung vielen Betrieben eine höhere Verschuldung

Auf den Punkt gebracht: Förderung leider ohne Verteilgenauigkeit

Die Liquidität vieler landwirtschaftlicher Betriebe ist angespannt.

Vorweg, wir Landwirte möchten dieses „Geschenk“ nicht, aber Liquidität ist auf vielen Betrieben leider dringend nötig. Die Ankündigung der ersten Tranche der Bauernmilliarde löste bei vielen Kollegen, vor allem aber beim Handel und den Herstellern, große Euphorie aus. Als Landwirt ist meine ursprüngliche Begeisterung jedoch schnell verflogen.  

Wir haben die Bedingungen für unseren Betrieb studiert und bei Händlern angefragt. Wir könnten unseren Maschinenpark vielleicht optimieren, 40 Prozent Förderung sind ja ein Wort. Leider sind die restlichen 60 Prozent der Maschine zwingend über die Rentenbank zu finanzieren. Die Förderung erhöht somit die Verschuldung und senkt in Folge der Tilgung die Liquidität.

Der nächste Schritt waren dann die Angebote. Jeder Förderantrag benötigt drei vergleichbare Angebote. Die Verkäufer wussten schon Bescheid und haben dann zwei „Exoten“-Ausstattungen parallel angeboten.

Eigentlich hätten wir bei den „Rücknahme“-Werten der Gebrauchtmaschinen gleich mit dem Nachdenken über eine Investition aufhören können. Der 3.000-Liter-Streuer mit Waage, ISOBUS, Plane etc., Top-Zustand, Neupreis in 2015: 16.000 Euro netto, bringt in der Rücknahme noch 2.500 Euro. Die Werte für das Pflanzenschutzgerät sind ähnlich. Neben einer massiven Befeuerung der Produktion von Dünge- und Pflanzenschutztechnik führt das Förderungsprogramm also zu einem extremen Wertverfall der Gebrauchtmaschinen.

Nur ein Beispiel aus der Antragstellung: Normalerweise ergibt sich die BIC aus der IBAN Nummer. Im Förderantrag ist die BIC manuell einzugeben, jedoch musste bei meinem Antrag der letzte Buchstabe der BIC klein geschrieben werden, damit die Fehlerprüfung die BIC überhaupt akzeptiert! Wenn wir als Landwirte so arbeiten würden, wären wir schnell weg vom Fenster. Oder sollte es Absicht der ausführenden Behörden sein, um die Zahl der Anträge zu minimieren?

Nach meinen Informationen konnten in der ersten Tranche ca 3.600 Anträge platziert werden, bis die Server nach nur sechs Stunden die weitere Annahme verweigerten. Wie viele Anträge aufgrund der „hängenden“ Server doppelt gestellt wurden, bleibt offen.

3.600 neue Maschinen auf 250.000 Betriebe. Selbst wenn noch drei oder vier weitere Tranchen erfolgen, hilft dies 1,5 bis maximal 6 Prozent der Betriebe. Wir Landwirte benötigen dringend Liquidität. Viele Betriebe leben von der Substanz. Liquidität bekommen wir aber nur, wenn keine zusätzlichen Kosten auftreten, und die Möglichkeit der effektiven Kostenreduzierung besteht.

Gibt es eine Alternative? Meiner Meinung nach ja. Diese basiert auf dem „Westeregelner Modell“ des LSV Sachsen-Anhalt (Land schafft Verbindung Sachsen-Anhalt): Jeder landwirtschaftliche Betrieb ist aufgrund seines Gefährdungspotentials (Ackerbau, Tierhaltung, intensiv, extensiv) in der Berufsgenossenschaft registriert und zahlt entsprechend Beiträge. Diese Messzahl spiegelt die betriebsindividuellen Gefährdungspunkte über die Fremdarbeitskräfte und Arbeitsintensität wider und ließe sich schnell und einfach nutzen. Alle Daten sind vorhanden und aktuell. Teilt man die Mittel der „Bauernmilliarde“ einfach durch die Summe der Berufsgenossenschafts- bzw. Gefährdungspunkte aller Betriebe, ergibt sich ein Betrag. Jeder Betrieb erhält dann analog der Formel „Betriebsmesszahl multipliziert mit dem errechneten Betrag je Punkt“ eine Förderung, die er individuell als Liquiditätszuschuss für seine Projekte nutzen kann.

Die Politik könnte schnell und unbürokratisch allen deutschen Betrieben helfen. Aber das ist wohl zu einfach und pragmatisch. Verteilgenauigkeit sollte besonders bei der Ausschüttung von Steuergeldern gefordert sein.


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