Intelligenter Häcksler mit wachsamen Augen

Verlässliche Umgebungswahrnehmung für Landmaschinen – DFKI startet mit AI-TEST-FIELD parallel zu Agri-Gaia weiteres Agrar-Projekt – Schwierige Rahmenbedingungen wiederholbar abbilden

Assistenzsysteme: Intelligenter Häcksler mit wachsamen Augen

In der maschinenlesbaren Punktwolke lässt sich die Kuh (links im Bild) in der Simulation erahnen. Sichere Sensorsysteme können im Gegensatz zum menschlichen Auge die Kuh bei Tag und Nacht und unter den schlechtesten Sichtbedingungen erkennen.

Intelligente Assistenzsysteme und hochautomatisierte Maschinen können die Effizienz in der Landwirtschaft steigern. Das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) arbeitet in einem neuen Projekt, das parallel zum Projekt Agri-Gaia (siehe Seite 13) läuft, mit Partnern aus Industrie und Forschung an sicheren Sensorsystemen zur Umgebungswahrnehmung. In einem Testfeld auf einer Agrarfläche entsteht ein Umfeld, das die schwierigen Rahmenbedingungen in der Landwirtschaft wiederholbar abbildet, um darauf aufbauend KI-Algorithmen zur Dateninterpretation zu entwickeln.

Arbeitsprozesse in der Landwirtschaft sind nie gleich: Maschinen sind auf dem Feld mit Umwelteinflüssen wie Regen, Staub und Gegenlicht sowie vielfältigen Pflanzen- und Bodeneigenschaften konfrontiert. Trotz dieser für die technischen Geräte harschen und unsicheren Umgebung muss eine zuverlässige Objekterkennung sichergestellt werden – ein notwendiger Baustein für zielgerichtetes Handeln. Auf wissenschaftlicher Ebene existieren viele Verfahren im Bereich der Umfeldwahrnehmung, die bisher aber nicht vor dem Hintergrund dieser spezifischen landwirtschaftlichen Anforderungen optimiert wurden. In dem vom Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung (BMEL) geförderten Verbundvorhaben AI-TEST-FIELD erproben die Partner Hochschule Osnabrück, Lemken und Krone unter der Leitung des DFKI-Forschungsbereichs Planbasierte Robotersteuerung, wie die Sensordatenauswertung verlässlich zu gestalten ist. Das Projekt dient als Brücke, um Grundlagenforschung auf die landwirtschaftliche Praxis zu übertragen und künftige Zertifizierungsprozesse anzustoßen.

Assistenzsysteme: Intelligenter Häcksler mit wachsamen Augen

In AI-TEST-FIELD wird eine einzigartige Versuchsumgebung zur Entwicklung und Optimierung von KI-Algorithmen geschaffen. Mit verschiedener Sensorik wird die Umgebung aufgenommen.

High-Tech-Versuchsumgebung auf dem Feld

Auf dem zu errichtenden Testfeld soll die Umgebung mit den verschiedenen Randbedingungen in der Landwirtschaft mittels eines mit unterschiedlicher Sensorik (wie Laserscanner, Stereokamera, Time-of-Flight-Kamera, Ultraschall und Radar) ausgestatteten Trägerwagens erfasst werden. Dieser wird exakt und reproduzierbar auf Schienen durch das Versuchsfeld geführt. Zusammen mit den Rahmendaten, wie Wetter oder Tageszeit, liefern die Rohdaten die nötige Datenbasis für eine Steuerung auf Basis von Algorithmen. Eingebettet ist die Versuchsumgebung in ein größeres Softwaregerüst, das an die im Förderprojekt Agri-Gaia entwickelte IT-Infrastruktur angebunden werden soll. Später werden die erzeugten und für den Einsatz tauglichen maschinenunabhängigen Algorithmen aus dem Testfeld auf reale Landmaschinen übertragen und bewertet. Der DFKI-Forschungsbereich Planbasierte Robotersteuerung befasst sich im Projekt vor allem mit dem Datenhandling und der Entwicklung von KI-Methoden. Die Hochschule Osnabrück ist für den Aufbau des schienenbasierten Sensorträgers sowie die Integration der Sensorik zuständig. Die Landtechnikunternehmen Lemken und Krone bringen ihre Erfahrungen aus dem Einsatz der Sensorsysteme und der landwirtschaftlichen Geräte ein.

Glossar – Was bedeutet eigentlich ...?

Algorithmus: Ein Algorithmus ist eine Berechnungsvorschrift für einen oder mehrere Computer, eine Aufgabe zu lösen. Eine besondere Klasse von Algorithmen sind Lernalgorithmen: Dabei handelt es sich um Verfahren des maschinellen Lernens, die aus Beispieldaten (Lerndaten oder Trainingsdaten) ein Modell stellvertretend beschreiben, das auf neue Beispieldaten angewendet werden kann.

Künstliche Intelligenz (KI): KI ist ein Teilgebiet der Informatik, das versucht, mit Hilfe von Algorithmen Fähigkeiten wie Lernen, Planen oder Problemlösen in Computersystemen zu realisieren. Der Begriff KI steht zugleich für Systeme, die ein Verhalten ähnlich der menschlichen Intelligenz zeigen. Ziel moderner KI-Systeme (lernende Systeme) ist es, Maschinen, Roboter und Softwaresysteme zu befähigen, grob beschriebene Aufgaben und Probleme eigenständig zu bearbeiten und zu lösen, ohne dass jeder Schritt vom Menschen programmiert wird. Dabei sollen sich die Systeme auch an veränderte Bedingungen und ihre Umwelt anpassen können. In diesem Sinne schafft Künstliche Intelligenz die Voraussetzungen für Lernende Systeme.

Assistenzsysteme: Softwaresysteme, die den Menschen in bestimmten Situationen oder bei bestimmten Handlungen unterstützen. Sie analysieren dazu die gegenwärtige Situation und treffen gegebenenfalls darauf aufbauend Vorhersagen. So werden sie mit Hilfe des maschinellen Lernens „erfahrener“ und können zunehmend besser mit Menschen zusammenarbeiten. Assistenzsysteme können vom Menschen aktiviert und von ihm übersteuert werden. Sie sind heute bereits weit verbreitet und zu unterscheiden von automatisierten Systemen und autonomen Systemen.

Autonome Systeme: Maschinen, Roboter und Softwaresysteme gelten als autonom, wenn sie ohne menschliche Steuerung und detaillierte Programmierung ein vorgegebenes Ziel selbständig und an die Situation angepasst erreichen. Autonome Systeme haben die Fähigkeit, sich der Umwelt anzupassen, zu lernen und gegebenenfalls mit anderen Systemen oder Menschen zu kooperieren. Sie nehmen ihre Umgebung über Sensoren wahr (Sensorik), entwickeln aktiv, situationsgerecht und in Echtzeit eine angemessene Aktion (Selbstregulation) und führen diese über Aktoren aus (Aktorik). Jedes autonome System ist ein lernendes System, denn die Lernfähigkeit ist für die Anpassung des Handlungsablaufs notwendig. Allerdings sind nicht alle lernenden Systeme autonom, sondern werden teilweise weiterhin bewusst von Menschen gesteuert (z.B. intelligente Prothesen).

Quelle: Website Wissenschaftsjahr 2019, Bundesministerium für Bildung und Forschung


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