1.000 Traktoren im Jahr 2025 sind das Ziel

Die italienischen Traktorenspezialisten investieren in ein Vertriebsteam und einen eigenen Standort in Deutschland. Mittelfristig strebt die Gruppe ein flächendeckendes Händlernetz an.

ARGO: 1.000 Traktoren im Jahr 2025 sind das Ziel

Das ARGO-Team bei der Vorstellung des neuen X7 in Adelschlag: Sergii Giliev, Peter Starzer, Andreas Meier, Rainer Rauschenberg, Elena Dicker, Michael Streitberger, Günter Ordnung, Jürgen Herold, Max Diehlmann, Hedi Skaradzinska (v. l.).

Günter Ordnung kennt das Landtechnikgeschäft aus unterschiedlichen Perspektiven: Mit 28 Jahren machte sich der Landmaschinenmeister selbständig mit dem Vertrieb und der Reparatur von John Deere Traktoren. Der Betrieb im fränkischen Münchberg entwickelte sich – Ordnung baute einen neuen Standort, der Marktanteil für Grün/Gelb erreichte in seiner Verkaufsregion bis zu 28 Prozent.

Dem Druck zu immer größeren Vertriebsstrukturen in der John Deere Strategie „Dealer of tomorrow“ wollte Ordnung nicht nachgeben. „Ich sehe die Zukunft nicht in der Zwangsverheiratung von Händlern“, so Ordnung im März 2014 im Interview mit dem eilboten. Sein John Deere Vertriebsgebiet übernahm die Firma Kotschenreuther. Die Ordnung-Immobilie kaufte die BayWa, um dort ihren Landtechnikstandort Münchberg für AGCO-Maschinen außerhalb des Ortes weiter auszubauen. Ordnung ging mit zur BayWa, wechselte dann nach einem Jahr als Verkaufsleiter Bayern zu Claas. Nach knapp fünf saatengrünen Jahren startete der 51-Jährige als Geschäftsführer der deutschen ARGO GmbH in der Nähe von Nürnberg.

Die italienische ARGO-Gruppe produziert in fünf Werken in Norditalien Traktoren der Marken Landini, McCormick und Valpadana. Die blauen Traktoren von Landini sind stark im Kompakttraktorensegment vertreten und haben im Mittelmeerraum traditionell eine solide Population.

Die roten McCormick Traktoren kamen mit Erwerb des damals zu Case IH gehörenden Werkes im englischen Doncaster ins Portfolio. Im Zuge der Fusion von Fiatagri und Case IH zu CNH mussten die beiden Heiratswiligen auf Forderung der EU-Kartellbehörde die Werke Doncaster, das Mähdrescherwerk Breganze und das Getriebewerk im französischen St. Dezier abgeben. Alle Standorte gingen an ARGO. Diese Neuzugänge waren für die ARGO-Besitzer, die italienische Familie Morra, Chance und eine große Herausforderung. Das Markenportfolio der Norditaliener wuchs zusätzlich durch die Übernahme der Fella-Werke in Feucht um Futtererntetechnik an. Es umfasste Traktoren, Laverda-Mähdrescher, Pressen und Mäher, Wender, Schwader.

ARGO: 1.000 Traktoren im Jahr 2025 sind das Ziel

Durch „Lean Manufacturing“ und „KanBan“ entwickelten sich mit der Zeit moderne und helle Montagelinien.

In der folgenden Konsolidierungsphase setzte ARGO wieder auf seine Kernkompetenz im Traktorenbau und veräußerte die Werke in Feucht und Breganze unter anderem an AGCO. Das Werk St. Dezier wurde geschlossen. Die McCormick Produktion verlagerte man aus England in das ARGO-Werk Fabricco nach Italien.

In den nachfolgenden Jahren investierte man stark in die Modernisierung der verbliebenen eigenen Standorte.

Waren anfangs die Produktionshallen, wie in anderen Landmaschinenwerken auch, noch recht vollgestellt, entwickelten sich mit den Jahren durch Umsetzung von „Lean Manufacturing“ und „KanBan“ moderne, helle Montagelinien. Wirklich erstaunlich ist die im Schnitt über alle Modelle sehr hohe Fertigungstiefe von 75 Prozent. Hier gibt es zum Beispiel noch eine spanende Verarbeitung für die Getriebe- und Achsenproduktion.

Es gibt fünf Werke mit 1.800 Mitarbeitenden, unter anderem auch eine eigene Kabinenproduktion. Als dritte Marke baut ARGO Traktoren der Marke Valpadana. Dazu gehören isodiametrische Traktoren mit Knicklenkung sowie Einachser. Die Produktionskapazität von ARGO erreicht 22.000 Traktoren pro Jahr. ARGO-Firmenpatron Valerio Morra ist technikfokussiert. Viel Engagement floss in den Ausbau der Produktpalette und -qualität sowie die Fertigungseffizienz. Die ARGO-Firmengruppe ist zu jeweils 50 Prozent im Besitz der Brüder Morra, Valerio Morra (Präsident) und Pierangelo Morra (nicht operativ in der ARGO-Gruppe tätig), dessen Sohn Simeone Morra verantwortet die internationalen Niederlassungen. Unter seiner Regie entwickelten sich die Exportmärkte deutlich. 18 Prozent des Umsatzes 2019 erzielte ARGO in Italien, 42 Prozent im restlichen Europa, mit starker Präsenz in Frankreich, Spanien und dem Vereinigten Königreich. Bei den Überseemärkten sind Südafrika (22 %), Australien und Amerika (12 %) stark.

Das deutsche ARGO-Engagement blieb bisher allerdings sehr übersichtlich. Traktoren von Landini und McCormick waren präsent, die Zulassungen übersprangen aber nie die Zwei-Prozent-Marke. Es gab einzelne, sehr engagierte Händler, die Unterstützung im ARGO-Vertrieb und After-Sales war aber verbesserungswürdig. Die Möglichkeiten, die der anspruchsvolle deutsche Traktorenmarkt bietet, will ARGO nun – konsequenter als bisher – ergreifen. Mit einem Traktorenprogramm von 43 bis 310 PS – differenziert in verschiedenen Baureihen von Spezialtraktoren für Obst- und Weinbau bis hin zu Ackerschleppern mit ZF-Stufenlosgetriebe, FPT-Motoren und Bosch-Rexroth Hydraulikanlage, ist man für alle Regionen in Deutschland gut aufgestellt. In der Akquisition neuer Vertriebspartner steht ARGO im Wettbewerb mit anderen Herstellern, deren Portfolio aber noch nicht in den Sechszylinderbereich reicht.

Ab Januar 2021 gibt es auch bei ARGO hauseigene Frontlader. Die Familie Morra hat den Hersteller Sigma4 übernommen, welcher jedoch eigenständig bleibt und nicht Teil der Gruppe wird. So gibt es jetzt einen Zulieferer, der einerseits nah am Unternehmen sitzt und dessen Technik direkt in die Entwicklung der Traktoren mit einfließen kann, andererseits behält die Marke genug Freiheiten, um auch weitere OEM beliefern zu können.

Das Projekt einer eigenen Niederlassung für vier Millionen Euro wertet Günter Ordnung als klares Bekenntnis zum deutschen Markt. ARGO bekommt ein repräsentatives Zuhause in Deutschland, mit Schulungsräumen und Showbereich, die auch Händlerbesuche mit Kunden erlauben. Im nächsten Herbst soll im fränkischen Ansbach Einzug sein.

Das deutsche ARGO Team umfasst jetzt 14 Mitarbeitende, Vertrieb, Service und Kundendienst sind mit erfahrenen Leuten besetzt.

Die ARGO-Aktion „Dealer Wanted“ geriet jedoch Anfang dieses Jahres in den Ausbruch der Corona-Pandemie, so dass die über 60 Händler, die sich für einen Kennenlernbesuch in Fabricco angemeldet hatten, zuhause bleiben mussten. Das ARGO-Team nutzte die vergangenen Monate für den Ausbau der eigenen Strukturen und Händlerkontakte.

Der eilbote sprach mit Günter Ordnung über die Ziele der ARGO GmbH für Deutschland und Österreich.

Interview – „Wir sind für Gespräche mit jedem Händler offen“

Mit welchen Argumenten man auf Vertriebspartner zugeht, das erfuhr der eilbote im Gespräch mit dem Geschäftsführer der ARGO GmbH, Günter Ordnung.

eilbote: Herr Ordnung, welche Veränderungen sehen Sie mittelfristig im deutschen Landtechnikvertrieb?

ARGO: 1.000 Traktoren im Jahr 2025 sind das Ziel

Günter Ordnung ist seit Anfang dieses Jahres Geschäftsführer von ARGO.

Günter Ordnung: Es wird in Zukunft zwei Ausrichtungen im Landtechnikvertrieb geben: Erstens Händler, die die Fullliner-Marken vertreten. Sie werden weiter wachsen müssen, um den Ansprüchen der Hersteller gerecht zu werden, diese großen Organisationen benötigen einen kostenintensiven Verwaltungsapparat, sodass sie gezwungen sind, die Wertschöpfung über eigene Standorte direkt mit dem Endkunden zu erzielen. Für eigenständige B-Händler dieser Fullliner wird es in Zukunft schwer werden, mit diesen Marken Geld zu verdienen. Hier wird es in nächster Zeit noch viele Veränderungen geben, entweder die B-Händler unterwerfen sich ihrem A-Händler und verlieren ihre Freiheit oder sie möchten ihre Freiheit bewahren und suchen sich Hersteller, mit denen sie selbst Ihre Zukunft gestalten können. Zweitens: Kleinere Familienbetriebe, die ihr Geschäft mit Herzblut betreiben, sie haben eine sehr hohe Kundenbindung und verdienen oft ihr Geld in Nischen, die von den Großen nicht beachtet werden. Sicher werden auch Betriebe schließen. Wenn das generationsbedingt stattfindet, ist es berechtigt, aber dass kleine Betriebe wegen Perspektivlosigkeit schließen, finde ich sehr schade.

Wir wollen kleinen Betrieben eine Perspektive bieten, ihr Geschäft profitabel weiter zu betreiben.

Zu welchen Händlern passt ARGO ins Programm?

Grundsätzlich sind wir offen für jeden Händler, der mit uns zusammenarbeiten will, aber zu uns passt besser der klassische Familienbetrieb, egal ob StartUp oder ehemaliger B-Händler eines Full-Liners.

Wir arbeiten auch gerne mit Händlern, die ihr Programm ergänzen wollen. Wir sind einer der wenigen Hersteller, die von 43 PS bis 310 PS alle Traktoren mit einer Fertigungstiefe von 75 Prozent selbst herstellen, auch bei Schmalspurtraktoren sind wir führend. Hier gibt es viele Ansätze, mit Händlern als Zweitprogramm zusammenzuarbeiten. Sicher ist das Ziel, dass wir die Händler von uns und unserem Programm begeistern und dass sie mittelfristig unser komplettes Produktportfolio verkaufen.

Corona bremste leider die Life-Events Ihrer „Dealer Wanted“-Aktion. Konnten Sie trotzdem neue Händler für ARGO begeistern? Vielleicht auch ehemalige, unzufriedene, denn nicht alle ARGO -Äcker waren in der Vergangenheit bestens bestellt.

Ja, Corona macht uns schwer zu schaffen. Ich konnte mir vor einem Jahr unter ARGO auch nicht viel vorstellen und dachte, es sei eine Billigmarke, die eigentlich niemand haben will.

Als ich dann die Werke in Fab-brico besuchte und die Menschen in Italien kennenlernte, war ich so begeistert von dem Produktprogramm, der Qualität und dem Spirit der Menschen, dass ich entschied: Für diese Firma willst Du in Zukunft arbeiten.

Das gleiche hatten wir mit Händlern vor. Die wenigsten wissen, was hinter ARGO steht. Deshalb wollten wir jedem Händler, der uns kennenlernen wollte, anbieten, uns in Fabbrico zu besuchen. Ein Fabrikatswechsel ist eine weitreichende Entscheidung für jedes Unternehmen. Wir wollten mit der Veranstaltung den Händlern das gute Gefühl geben, dass wir der richtige Partner für die Zukunft sind.

Leider brach eine Woche vor dem Event Corona ganz in der Nähe unserer Werke aus und die Veranstaltung konnte nicht stattfinden.

Wir konnten dennoch bis heute viele alte und neue Händler begeistern. Es gab ja schon ein Händlernetz, sicher war die Zufriedenheit nicht die beste, aber das lag nicht an der Qualität der Traktoren. Alle bestätigten mir, dass der Traktor besser läuft als viele Wettbewerbsfabrikate, die Unzufriedenheit kam vielmehr aus dem lückenhaften Support. Wir haben mittlerweile ein Supportteam aufgebaut, das mit anderen Herstellern leicht mithalten kann. Wenn wir im kommenden Jahr unsere Niederlassung in Betrieb nehmen, werden noch viele Punkte verbessert.

Ende Oktober hatten wir den Produktlaunch unseres neuen X7.624. Hier konnten wir 50 Händler in mehreren Durchgängen von unserer Leistungsfähigkeit überzeugen. Auf dieser Veranstaltung waren auch einige neue Händler, die in Zukunft mit uns arbeiten werden. Vorgelagert zum Produktlaunch hatten wir eine Pressekonferenz, hier konnten wir auch den Journalisten unser Produktportfolio und unsere Neuheiten vorstellen. Eine Frage eines Journalisten lautete: Warum verkaufen Sie bei diesem tollen Programm nicht mehr Traktoren in Deutschland?

ARGO: 1.000 Traktoren im Jahr 2025 sind das Ziel

Mit einem Traktorenprogramm von 43 bis 310 PS – differenziert in verschiedenen Baureihen von Spezialtraktoren bis hin zu Ackerschleppern – ist man für alle Regionen in Deutschland gut aufgestellt.

Welche Fragen stellen Ihnen denn potenzielle Händler am häufigsten?

Im Januar fragten die alten Händler, wie lange ich bleibe, und was sich jetzt verändert. Mittlerweile stellen sie die Fragen nicht mehr, sie haben gesehen, dass man mit uns sehr gut auf Augenhöhe arbeiten kann, dass wir zuhören und bereits vieles positiv verändert haben. So haben wir die Abwicklungszeit der Garantievergütung auf fünf Tage verkürzt – das heißt, der Händler hat nach Einreichen eines berechtigten Garantieantrags nach fünf Tagen seine Gutschrift. Wir haben ein Pilotprojekt gestartet, bei dem Händler 100 Prozent seines Endkundenverrechnungssatzes als Garantievergütungssatz erreichen kann.

Wichtig war auch der Erwerb des Grundstückes in Burgoberbach als Zeichen, dass ARGO in den Standort Deutschland investiert. Das schaffte zusätzlich Vertrauen bei den Händlern.

In Ihrer Präsentation für Interessenten steht: Ein Markenwechsel zu ARGO ist finanziell keine Überforderung. Könnten Sie das genauer erläutern?

Grundsätzlich möchten wir jedem Händler die Möglichkeit geben, uns erstmal kennenzulernen. Wir erwarten für den Start mit einem neuen Händler keine großen Investitionen, wir holen die Händler da ab, wo sie stehen. Zum Beispiel ein StartUp bekommt von uns am Anfang Kommissionsmaschinen zur Verfügung gestellt, wir stellen Vorführtraktoren zur Verfügung, er bekommt Zugang zu allen Systemen, wir unterstützen sehr großzügig im Marketing und bei der Gebäudewerbung… – sodass der Händler erstmal starten kann.

Natürlich erwarten wir nach einigen Monaten, dass der Händler mehr in die Verantwortung geht und zum Beispiel selbst eigene Vorführmaschinen und Lagermaschinen vorhält.

Was sind Ihre Ziele kurz- und mittelfristig?

Meine kurzfristigen Ziele sind, dass unsere Marken McCormick und Landini bei den Kunden mehr wahrgenommen werden, dass wir viele neue Händler an Bord nehmen, die Spaß haben, mit uns zu arbeiten, weil sie mit unseren Produkten Geld verdienen.

Mittelfristig wollen wir ein flächendeckendes Händlernetz in Deutschland aufbauen. In Österreich werden wir in 2021 auch verstärkt den Ausbau des Händlernetzes starten.

Die Fragen stellte Bernd Pawelzik.


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