Beifäller auf Achse halten besser durch

ATVs können den Alltag von Forstdienstleistern erleichtern. Die Firma Harrer & Mayer aus Bayern ist bereits aufgestiegen. Der Händler „Fahrzeug Bogner“ optimiert die Gefährte zudem mit geschickten kleinen Anbauten speziell für den Einsatz im Wald. Wir begleiteten den Einsatz in der Forst.

All Terrain Vehicles: Beifäller auf Achse halten besser durch

Die Beifäller von Harrer & Mayer sind durch die ATVs schneller und weniger körperlich belastet, ihr Equipment haben sie immer komplett zur Hand.

All Terrain Vehicles: Beifäller auf Achse halten besser durch

Kleinere Stämme kann die Forstrückeschiene von Bogner ausheben: Die Chokerkette wird in den Schlitten gehängt …

Der bayerische Forstdienstleister Harrer & Mayer betreibt acht Harvester. Diese dürfen Gassen und Wege im Wald nicht verlassen, Stichwort Bodenverdichtung. Da der Kran mit dem Fällkopf so nicht an alle markierten Bäume heranreicht, arbeitet oft ein Beifäller mit Motorsäge parallel. Dabei kommt es vor, dass er lediglich alle hundert Meter einen Baum fällen muss, streckenmäßig aber muss man mit der Maschine mithalten. Dadurch legt der Beifäller täglich große Strecken zu Fuß im Wald zurück, quer durchs Gehölz samt Säge und anderem Equipment. „Gerade diese Laufwege machten den Holzhauern häufig schon nach wenigen Stunden körperlich zu schaffen, der eigentliche Hieb fällt dagegen kaum ins Gewicht“, sagt Geschäftsführer Norbert Harrer. Mit dem Auto – auch geländegängigeren – kann aufgrund der Stümpfe und Reisig auf den meisten frisch angelegten Gassen nicht gefahren werden, ein Traktor als reiner Transporter für Säge, Kanister und Handwerkzeug wäre verschwendete Technik. „Einer meiner Mitarbeiter hat privat ein ATV, mit dem wir das im letzten Jahr einfach mal ausprobiert haben“, erzählt Harrer. „Nach dem ersten Tag sagte der Kollege bereits, dass ich entweder so ein Gefährt kaufen oder ihn gehen lassen müsse. Die Erleichterung sei exorbitant und er wolle ohne ATV nicht mehr arbeiten.“

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… durch die Zugkraft fährt der Stamm in der Schiene nach hinten und gleichzeitig schräg nach oben. Der Stamm schiebt so keine Erde vor sich her und lässt sich leichter ziehen.

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Die Staumöglichkeiten sind vorne schnell zugänglich für Säge und Kanister, hinten findet sich Platz für Handwerkzeug und PSA.

Da der Händler „Fahrzeug Bogner“ das Thema ATV in der Region Eichstätt bereits seit längerem bespielt, wurde Harrer dort schnell fündig: „Nach vielen Jahren der fast ausschließlich freizeitlich orientierten Kundschaft kommt nun zunehmend Nachfrage für den Einsatz als Nutzfahrzeug“, sagt Juniorchef Jonas Bogner, zuständig auch für die Eigenmarke QSB (Quad Solutions Bogner). Der Einstieg beginnt dort ab etwa 6.000 Euro brutto. An diesen Modellen findet vorne und hinten je eine Equipmentkiste für Motorsägen und Werkzeug Platz, neben Hieb- und Pflegemaßnahmen kann damit auch die Borkenkäferkontrolle erfolgen. Auch die Beifäller von Harrer & Mayer fahren mit den 26-PS-Geräten der Marke CFMoto vor dem Harvester her. Wer etwas mehr Ausstattung benötigt, bekommt für gut 13.000 Euro das QSB Spezialforst ATV, das dann beispielsweise schon über den aufgelasteten Anhängebock samt Forstschiene, eine Seilwinde und ein 110 Liter großes Topcase sowie einen Metallkorb an der Front verfügt. Die Basis bildet das Kymco MXU 700T mit 49 PS, welches zusätzlich mit Unterfahrbumper sowie Scheinwerferschutz und beheizten Griffen ausgestattet wird. Aber auch darüber ist noch nicht Schluss: Das Polaris XP 1000 zum Beispiel leistet satte 90 PS und kann an einem Fronthubwerk mit Schnellwechseldreieck auch ein kleines Mähwerk tragen, wodurch es zum Beispiel zur Flächenvorbereitung vor dem Pflanzen genutzt werden kann.

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Abladen und selbst anhängen: So kommt Material für Pflanzung und Zaunbau schnell und bequem in den Bestand.

ATVs als Mitarbeiter-Motivation

Aber auch der Spaß-Faktor sei wichtig, denn als Arbeitgeber möchte Harrer & Mayer seinen Mitarbeitern etwas bieten. Fachkräfte sind heute schwer zu bekommen, weshalb es gilt, diese auch zu halten. Die Quads seien dafür eine gute Möglichkeit: Neben der reinen Erleichterung der täglichen Arbeit gibt es auch Spaß während dem Umsetzen. „Für die Fahrer auf Harvester und Forwarder geben wir viel Geld aus, bestellen die ergonomischsten Sitze und besten Klimaanlagen. Da wurde es längst Zeit, auch den händisch arbeitenden Kollegen einen höchstmöglichen Komfort zu bieten “, sagt Harrer.

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Das Cockpit ist übersichtlich, Gas gegeben wird am ATV über den Daumen.

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Der Anhängebock von Bogner verkraftet Ein-Tonnen-Anhänger, hier am QSB Spezialforst ATV von Johannes Piephans.

Außerdem können die ATVs auch für kleinere Rückearbeiten eingesetzt werden, etwa bei schwachen Einzelbäumen außerhalb der Harvester-Reichweite. Das kann beispielsweise für Nadelholzspitzen eine kleine Winde an der Front mit 1.300 kg Zugleistung erledigen, für größeres Schwachholz hat Bogner eine geschickte Eigenkonstruktion parat: Seine Holzrückeschiene für ATVs hebt den Stamm mechanisch aus (siehe Fotos), wodurch er sauber und leichtzügig geschleppt werden kann. Dabei erhöht das zusätzliche Gewicht die Traktion auf der Hinterachse. Die Rückeschiene findet Gefallen bei Privatnutzern, aber auch Profis legen sie gerne zum Equipment, standardmäßig kann sie einfach auf dem Kotflügel verstaut werden. Ihre Nutzung ist abhängig von der im Fahrzeugschein eingetragenen Zuglast und der Stützlast der Anhängerkupplung. Gleichzeitig hat Bogner dort auch eine praktische Halterung für den Freischneider realisiert, Praktiker wissen um dessen Transportschwierigkeiten: selbst auf handfesten Traktoren ringen viele mit dem sperrigen, aber unverzichtbaren Gerät, am ATV kann es überraschenderweise problemlos verstaut werden.

Durch das leichte ATV ist man zudem nicht unbedingt an die Gasse gebunden und kann auch direkt in den Bestand fahren, etwa, um den Harvester zu überholen. Da dessen Fahrer ständig in Funkkontakt mit dem Beifäller steht, kann er diesen auch spontan noch einmal retour schicken, falls wider Erwarten ein Baum doch außerhalb der Kranreichweite steht. „Bisher war es natürlich lästig, wenn man wegen einem Baum weit zurücklaufen und dann wenige Minuten später den gleichen Weg zum ursprünglichen Einsatzort gehen musste“, weiß Harrer. Mit dem Quad dagegen ist das kaum ein Problem.

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Dienstleister Norbert Harrer, ATV-Händler Jonas Bogner sowie dessen forsttechnischer Berater Johannes Piephans und Frank Strixner, Quad Instruktor und Eventmanager bei „Fahrzeug Bogner“ beziehungsweise QSB (von rechts).

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Der sperrige Freischneider findet am ATV dank geschickter Halterung problemlos Platz.

Anhänger und Zaunbau

Weitere Einsatzgebiete hat der Forstdienstleister bereit ausgemacht, besser gesagt seine Mitarbeiter: „Das wurde schnell zum Selbstläufer, jeder hatte Ideen, wofür man das noch nutzen konnte und wo damit etwas schneller oder bequemer zu schaffen ist“, so Harrer. So gehen die inzwischen vier ATVs auch mit zur Pflege und Pflanzung: Da sie keine 500 kg wiegen, passen sie problemlos auf jeden Pkw-Anhänger. Der Clou: Einmal auf der Waldstraße abgeladen, kann das ATV den Anhänger selbst übernehmen, denn die dafür nötige Kugelkupplung gehört zur Grundausstattung, welche unter anderem auch für die LoF-Zulassung benötigt wird. Bogner hat das Kymco 700T dafür mit einem speziellen Anhängebock auf eine Tonne Anhängelast verstärkt (577 kg ab Werk), natürlich mit allen dafür nötigen Papieren. Zaunrollen, Pfähle, Pflanzen und Werkzeug werden vom Lieferwagen auf den Anhänger am ATV geladen. So kann das gesamte Equipment direkt bis zum exakten Einsatzort transportiert werden, auch im Bestand abseits von Gassen. Für den Zaun etwa fahren Harrers Mitarbeiter die Grenze direkt ab, während der Pflanzung können sie mit dem Quad auch direkt auf die Flächen. Ein Traktor oder andere Fahrzeuge wären dafür zu schwer.

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Der Rammy Brush Cutter 120 kennt auch mit dicken Büschen kein Pardon und frisst sich durch armdicken Holunder.

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Mit der Zaunwickelmaschine möchte Jonas Bogner den ATVs zu mehr Forsteinsätzen verhelfen.

Da Zaunrollen dennoch unhandlich und anstrengend zu handhaben sind, hat Bogner noch eine Wickelmaschine für ATVs konstruiert: Die Zaunrolle kann damit – senkrecht oder waagerecht eingehängt – auf- oder abgerollt werden. So kann das Gerät sowohl für das Auf- als auch für das Abbauen von Zäunen genutzt werden. Durch eine Funksteuerung kann der Forstarbeiter den Zaun auch aus der Entfernung spannen oder abrollen. Der Vorstand des Sächsischen Forstunternehmerverbandes Michael Sachse habe Bogner bereits positives Feedback gegeben: In den ostdeutschen Wäldern würden bis zu fünf Kilometer lange Zäune gebaut, was händisch schwer und langwierig vonstattengeht. Maschinelle Hilfe sei daher sehr willkommen. Außerdem kämen laut Bogner so auch alte Zäune nochmals in Nutzung. Denn aktuell ist eine neue Rolle günstiger, als den gebrauchten Zaun umständlich und langwierig von Mitarbeitern so abzubauen, dass er nochmals aufgestellt werden kann. Mit dem Wickelgerät soll das nun wirtschaftlich werden. Als nächstes möchte Bogner eine dazu passende Ramme für die Pfähle entwickeln, um den Zaunbau im Wald noch stärker maschinell per ATV unterstützen zu können. Gefertigt werden die QSB-Produkte in der hauseigenen Werkstatt. Daneben bietet er auch Anbaugeräte anderer Hersteller an, ein Holzspalter ist so ebenfalls problemlos möglich, darüber hinaus auch Sprühgeräte oder angehängte Mulcher. Bogner selbst betreibt sogar einen Rückewagen am ATV. Hat er eine neue forsttechnische Idee, fragt er zuerst seinen Freund Johannes Piephans: Der hauptberufliche Forstwirt steht ihm bei solchen Projekten tatkräftig zur Seite – und natürlich ist er ebenfalls bereits mit einem eigenen QSB Forstspezial ATV unterwegs.

Schnell, kompakt und flexibel

„Für Forstunternehmer zeichnet sich das ATV durch seine Vielseitigkeit aus, denn seine bis zu 100 Stundenkilometer erlauben auch zügige Einsätze, die erst über eine lange Straße in unwegsames Gelände führen. Wenn der Großteil des Bestandes nicht über 30 Zentimeter BHD (Brusthöhendurchmesser) liegt, biete ein ATV alles Nötige, ein Traktor sei dann kaum noch nötig. „In Skandinavien nutzen Forstprofis solche Fahrzeuge bereits seit 15 Jahren, nur in Deutschland haben viele das Potenzial noch nicht erkannt. Das wird sich aber schnell ändern“, ist sich Harrer sicher. Da lange Wege für seine Mitarbeiter nun kein Hemmnis mehr sind, steige deren Schlagkraft – bei weniger Anstrengung. Daher hatten sich die neuen Fahrzeuge auch sehr schnell amortisiert.


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