Präsident Paetow wirbt für eine „positive Vision“

Der gesellschaftlichen Kritik will der DLG-Präsident mit einem neuen Bild von der Landwirtschaft begegnen – Sektor muss Veränderungsbereitschaft signalisieren – Dalbert fordert auch wegen des Klimawandels Umdenken in der Produktion und der Agrarpolitik – Betriebliches Risiko- und Krisenmanagement verbessern – DLG-Unternehmertage in Magdeburg

Agrarpolitik: Präsident Paetow wirbt für eine „positive Vision“

Das Auditorium der DLG Unternehmertage in Magdeburg.

Mit Blick auf die anhaltende gesellschaftliche Kritik am Agrarsektor hat der Präsident der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG), Hubertus Paetow, für eine „positive Vision“ in Bezug auf die Landwirtschaft geworben. Die Branche müsse ein Bild davon entwerfen, wie eine Agrarwirtschaft aussehen könne, die nachhaltig und gleichzeitig intensiv arbeite, die verantwortungsbewusst mit Tieren sowie Umwelt umgehe und die zugleich eine ökonomisch gesunde Basis für den ländlichen Raum darstelle, erklärte Paetow auf den DLG-Unternehmertagen, die am 3. und 4. September in Magdeburg unter dem Motto „Handeln in Umbruchzeiten“ standen.

Dies wird nach Überzeugung des DLG-Präsidenten nicht ohne Risiken und Veränderungen für die landwirtschaftlichen Unternehmen vonstattengehen. Diese seien dennoch notwendig, auch um den Bürgern zu zeigen, dass die Branche veränderungsbereit sei. „Disruptive Veränderungen“ erwartet Paetow auch im Zuge des fortschreitenden Klimawandels. Hier stellt sich nach seiner Einschätzung die Frage, wie die Bauern unter den neuen Bedingungen noch nachhaltig Lebensmittel in ausreichenden Mengen produzieren können. Er schließt sich hier der Position des Weltklimarates an, der eine „nachhaltige Intensivierung“ als erfolgversprechende Strategie ansieht. Dabei sei es aber notwendig, sich in der öffentlichen Debatte von der reflexhaften Ablehnung von Begriffen wie „Intensivierung“ oder „Produktivität“ zu lösen, forderte Paetow. Notwendig sei darüber hinaus, dass alle Beteiligten die globale Bedrohung durch den Klimawandel begriffen und sich an international abgestimmten Maßnahmen beteiligten.

Mit Hinweis auf die zunehmenden Wetterextreme und deren Folgen für den Agrarsektor Sachsen-Anhalts pochte Landwirtschaftsministerin Prof. Claudia Dalbert ebenfalls auf ein Umdenken sowohl in der Produktion als auch in der Agrarpolitik und -förderung.

„Vernünftige“ Regulierung der Düngung

Für „disruptiv“ hält Paetow auch den aktuellen Streit zwischen der Europäischen Union und Deutschland bezüglich der Umsetzung der EU-Nitratrichtlinie. Dieser kann nach seiner Einschätzung nur gelöst werden, wenn sich alle Akteure auf die Senkung der Nährstoffausträge und die fachlich dafür gebotenen Maßnahmen konzentrieren.

Dabei müsse alles vorhandene Wissen über die grundlegenden Zusammenhänge zwischen Düngung und Grundwasserbelastung dazu genutzt werden, um eine „vernünftige, ergebnisorientierte Regulierung für eine das Grundwasser schonende Düngung“ zu erreichen. Der DLG-Präsident zeigte sich überzeugt davon, dass eine grundwasserschonende Düngung auch ohne massive Einschränkungen für die Landwirtschaft zu erreichen ist. Er schlug eine „Echtzeitsensorik“ für den Grundwasserschutz und eine darauf basierende „optimale Düngungsstrategie“ vor.

Dürrehilfen keine „Daueroption“

Wie Dalbert erklärte, haben sich die Dürren des vergangenen und des laufenden Jahre in Sachsen-Anhalt in besonderer Ausprägung gezeigt. Im Jahr 2018 seien gerade einmal zwei Drittel des normalen Niederschlags gefallen, und auch in den letzten Monaten sei längst nicht der Regen verzeichnet worden, der in dem ohnehin trockensten Bundesland üblich gewesen wäre. Hilfen des Bundes und des Landes könnten bei solch katastrophalen Entwicklungen helfen, seien aber keine Daueroption, betonte die Grünen-Politikerin.

Künftig müsse vielmehr die Verbesserung des betrieblichen Risiko- und Krisenmanagements neben der Umsetzung einer Anpassungsstrategie an den Klimawandel und einem ausgewogenen Wassermanagement im Mittelpunkt der Politik stehen.

Eine weitere Herausforderung für die Landwirtschaft stellt laut Dalbert die novellierte Düngeverordnung dar. Die Ministerin räumte hier einen erheblichen Aufzeichnungs- und Dokumentationsaufwand für die Bauern ein. Dennoch habe die Verordnung auch dazu beigetragen, das betriebliche Düngemanagement zu überdenken. Hier setze sie klar auf das Verursacherprinzip, weshalb all jene, die gewässerschonend wirtschafteten, nicht benachteiligt werden dürften.

Strukturwandel verstärkt sich

In einem der anschließenden Vorträge stellte der Agrarberater Andreas Lieke von der Ländlichen Betriebsgründungs- und Beratungsgesellschaft (BBG) Göttingen für die Zukunft einen eher zunehmenden Strukturwandel in Aussicht. Dies liegt nach seiner Einschätzung nicht zuletzt an schrumpfenden Grundrenten und einer tendenziell zuletzt in vielen Betrieben gesunkenen Kapitaldienstfähigkeit.

Die Unternehmen stünden zudem wegen der knappen Fachkräftesituation unter Druck. Hinzu komme auch, dass ein organisches Betriebswachstum wegen der teuren Kauf- und Pachtpreise kaum noch möglich sei, erläuterte Lieke. Den Unternehmen riet er, bei der Ausrichtung ihrer Betriebe neben der ökonomischen künftig verstärkt auch die soziale und ökologische Säule der Nachhaltigkeit in den Fokus zu nehmen.


Weitere Artikel zum Thema

weitere aktuelle Meldungen lesen