Politik muss jetzt liefern

DLG-Präsident Hubertus Paetow: „Einige Interessengruppen können mit dem konfliktreduzierten gesellschaftlichen Fortschritt noch nicht umgehen.“

DLG-Wintertagung: Politik muss jetzt liefern

Die DLG-Wintertagung stand unter dem Motto „Nachhaltigkeit in Krisenzeiten“.

Der Präsident der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG), Hubertus Paetow, hat die Politik aufgefordert, produktiv nach Lösungen für die aktuellen Krisen zu suchen. Derzeit stünden noch zu viele ideologische und machtpolitische Interessen einzelner Gruppen zu sehr im Vordergrund, beklagte Paetow am 21. Februar auf der DLG-Mitgliederversammlung, die im Rahmen der Wintertagung in Hannover stattfand. Je eher damit begonnen werde, ideologiefrei über Lösungswege zu verhandeln, umso eher bestehe die Chance, in dieser Krise im wahrsten Sinne des Wortes „vor die Welle“ zu kommen und die verbleibende Zeit zu nutzen, um Schlimmes abzuwenden.

Nach Ansicht von Paetow sind die Einigungen in der Borchert-Kommission und der Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) wesentlich lösungsorientierter, ideologiefreier und sehr viel breiter gesellschaftlich getragen, als dies aktuell in der Diskussion um ein Tempolimit oder die Zukunft des Verbrennungsmotors der Fall ist. Leider seien die erarbeiteten Konzepte aber auf den letzten Metern der Umsetzung zum Stehen gekommen und gar ausgebremst worden. „Es scheint so, als könnten einige Interessengruppen mit dieser Art des konfliktreduzierten gesellschaftlichen Fortschritts noch nicht umgehen“, so der DLG-Präsident.

Es sei nicht die Agrarbranche, die sich an irgendwelche alten Sprechzettel festklammere, stellte Paetow klar. „Unsere Branche hat geliefert. Die Diskussionen mit unseren kritischen Begleitern aus Umwelt- und Tierschutzorganisationen sind geführt und dabei sind in konstruktiven und vertrauensvollen Prozessen breit mitgetragene Leitlinien entstanden“, unterstrich der DLG-Präsident. Die Gleichrangigkeit von Ernährungssicherheit, Biodiversitätserhaltung und Klimaschutz werde von keinem Verband – weder von der Agrar- noch von der Umweltseite – mehr in Frage gestellt.

Die Nervosität sei nun eher bei denen zu spüren, die jetzt erst begreifen würden, dass sich bei der Umsetzung der vereinbarten ausgewogenen Leitlinien die eigene Klientel politisch nicht mehr ganz so gut bedienen lasse und deshalb auf die Bremse treten. Anders ist es für Paetow nicht zu erklären, dass von den bisherigen agrar- und ernährungspolitischen Initiativen der Bundesregierung keine einzige auch nur im Entferntesten die vereinbarten Leitlinien aus ZKL und Borchert berücksichtigt.

„Wenn uns als Antwort auf die Frage nach dem Weg zu einem nachhaltigen Ernährungssystem nicht mehr einfällt als 30 Prozent Ökolandbau – aber an der Nachfrage vorbei –, Pflanzenschutzmittelreduktion per Totalverbot, willkürlich ausgewiesene Rote Gebiete und der planmäßige Aufbau neuer Importabhängigkeiten durch Verlagerung der Tierhaltung ins Ausland, dann ist das für mich ein Rückfall in die finstersten Zeiten der klientelpolitischen Instrumentalisierung der Ernährungssysteme, in die Zeiten agrar- und umweltpolitischer Wagenburgen, aus denen wir uns gerade mühevoll einen Weg in Richtung Fortschritt gebahnt hatten“, fasste Paetow seine Enttäuschung zusammen.

Grüne Ministerin: Mehr Diversifizierung statt Spezialisierung

Niedersachsens Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte betonte, sie wolle die Transformation der Landwirtschaft gemeinsam mit den Bauern und der gesamten Wertschöpfungskette gestalten. „Unser Agrar- und Ernährungssystem wird resilienter, wenn wir mehr über Diversifizierung statt Spezialisierung nachdenken“, so die Ressortchefin. Nachhaltigkeit zahle sich langfristig aus; das sehe man gerade beim Thema Energiesicherheit. „Wir müssen unabhängiger von globalen Lieferketten werden“, mahnte die Grünen-Politikerin.


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