Branche pocht auf mehr steuerliche Entlastung

Für den Vorsitzenden der Branchenplattform „Erneuerbare Antriebsenergie für die Land- und Forstwirtschaft“ ist die Energiesteuer kontraproduktiv beim Klimaschutz – Landtechnikindustrie hält Biotreibstoffe aufgrund ihrer Leistungsdichte und Klimaeffekte für vorerst unverzichtbar – Austausch zwischen Politik und Berufsstand und Industrie anlässlich der Internationalen Grünen Woche in Berlin

Traktorantriebe der Zukunft/Biokraftstoffe: Branche pocht auf mehr steuerliche Entlastung

In Deutschland reduzieren Biokraftstoffe CO2-Emissionen um über 13 Millionen Tonnen.

Während das Bundesumweltministerium den Ausstieg für Biokraftstoffe aus Anbaubiomasse plant, pocht der Vorsitzende der Branchenplattform „Erneuerbare Antriebsenergie für die Land- und Forstwirtschaft“, Michael Horper, weiterhin auf eine Neuauflage einer steuerlichen Entlastung für den Biosprit.

„Bis Ende 2021 wurde Biokraftstoff, der in der Land- und Forstwirtschaft eingesetzt wird, mit 45 Cent je Liter entlastet. Seit 1. Januar 2022 wird für Biokraftstoffe keinerlei steuerliche Entlastung mehr gewährt, die Energiesteuer für Biokraftstoffe beträgt somit 47,04 Cent je Liter“, teilte Horper bei einem Austausch zwischen Vertretern aus Berufsstand, Landtechnikindustrie und Bundeslandwirtschaftsministerium am 25. Januar am Rande der Internationalen Grünen Woche (IGW) in Berlin mit.

Durch die Steuerbelastung ergibt sich Horper zufolge die aus Klimaschutzaspekten absurde Situation, dass nachhaltig zertifizierte Biokraftstoffe einen entscheidenden preislichen Wettbewerbsnachteil erleiden. „Das ist ein unhaltbarer Zustand und muss von der Bundesregierung ebenso korrigiert werden wie die Aussagen von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir und Bundesumweltministerin Steffi Lemke, dass Biokraftstoffe keine Zukunft haben sollen“, forderte Horper, der zugleich Präsident vom Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau ist (BWV) ist.

Nebengewinn durch Koppelprodukte

Nach Überzeugung von Prof. Peter Pickel, Manager External Relations bei der John Deere GmbH & Co. KG, ist insbesondere bei mittleren und schweren Tätigkeiten in der Landwirtschaft eine dem Diesel ähnliche Leistungsdichte erforderlich, die auf absehbare Zeit nur durch flüssige und gasförmige Kraftstoffe geliefert werden kann. „Nachhaltige Biokraftstoffe wie Pflanzenöl oder Biodiesel sind zudem kurzfristig in diesem und auch noch im nächsten Jahrzehnt die einzige Möglichkeit, die CO2-Emissionen der mobilen Landmaschinen signifikant zu senken, die Krisensicherheit der Landwirtschaft durch Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern zu erhöhen und gleichzeitig auch die Wertschöpfung im ländlichen Raum zu verbessern“, betonte Pickel bei dem Austausch.

Gerade flüssige Biokraftstoffe böten dabei einen bedeutenden Nebengewinn, da bei deren Erzeugung als Koppelprodukt heimische Proteinträger wie Rapspresskuchen entstünden. Dadurch ließen sich Importe aus Übersee substituieren, was zu einem „Tank-und-Teller-Szenario“ beitrage.

Für die Zukunft, wenn auch noch nicht in nächster Zeit, bewertet Pickel elektrischen Strom als tauglich für die schweren Land- und Forstmaschinen. Zunehmend, aber mit signifikanter Wirkung auf die Treibhausgas-Emissionen erst nach 2030 dürften elektrifizierte Antriebssysteme eine wesentliche Rolle bei mobilen Landmaschinen spielen.

Ins gleiche Horn stieß bei dem Fachgespräch Klaus Senghaas, Market Leader Alternative Fuels bei der CNH Industrial Deutschland GmbH. Traktoren und Landmaschinen würden heute noch überwiegend mit fossilem Diesel betrieben, gab er zu bedenken. Gemeinsames Ziel von Landwirtschaft und Landmaschinenindustrie sei es, klimaneutral und unabhängig von fossilen Energien nachhaltig Nahrungsmittel zu erzeugen.

Teil der New Holland-DNA

„Deshalb ist die Entwicklung von Technologien für den Einsatz und die Produktion von erneuerbaren Energien ein wichtiger Bestandteil der New Holland-DNA“, hob Senghaas hervor. Allerdings müssten hierfür bürokratische Hürden abgebaut und praxisferne Limitierungen beseitigt werden.

New Holland habe schon einige Technologien und Maschinen für die Produktion und den Einsatz von erneuerbaren Antriebsenergien präsentiert und teilweise bereits in das Produktportfolio aufgenommen, wie zum Beispiel den Biomethantraktor oder den batterieelektrischen T4-Traktor, berichtete Senghaas. Was die Einführung der neuen Antriebstechnologien erschwere, sei die fehlende Infrastruktur wie zum Beispiel Gasaufbereitungsanlagen und Tankstellen für Biomethan im ländlichen Gebiet. „Doch diese Maßnahmen werden in Deutschland nicht gefördert. Sie werden durch schwierige, langwierige sowie teure Genehmigungsverfahren erschwert und teilweise sogar verhindert“, beklagte der CNH-Manager.

Wasserstoffantrieb noch Zukunftsmusik

Auch bei Claas geht man davon aus, dass die künftig steigenden Versorgungsbedürfnisse nur durch ein vielseitiges Spektrum von erneuerbaren Antriebsenergien bewerkstelligt werden können.

„Die größte Herausforderung bei alternativen Antriebskonzepten stellt immer noch die Sicherstellung notwendiger Reichweiten bei praxistauglichem Gewicht und Bauraum dar“, erklärte Patrick Ahlbrand, Senior Manager Product Strategy bei dem Harsewinkler Landtechnikhersteller. Vor dem Hintergrund zur Ernährungssicherung weiterhin notwendiger Produktivitätssteigerungen werde die Verwendung von nachhaltigen, flüssigen Kraftstoffen aufgrund ihrer hohen Energiedichte auch noch in der nachfolgenden Dekade für mittel bis schwere mobile Anwendungen notwendig sein, stellte auch Ahlbrand klar. Lösungen auf Wasserstoff- oder batterieelektrischer Basis schränkten die maximal mögliche Arbeitszeit drastisch ein, wodurch das Anwendungsspektrum auf leichte Arbeiten im Teillastbereich und hofnahe Arbeiten begrenzt sei, so Ahlbrand.


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