In den vergangenen Jahren erlebten die Preise für Landtechnik einen beträchtlichen Anstieg – doch nun scheint sich der Wind zu drehen. Nach einer Phase knappen Angebotes zeichnet sich auch auf dem Gebrauchtmaschinenmarkt eine Trendwende ab.
Zuletzt waren die Händler-Höfe häufig leergefegt; die Gründe für diese Knappheit sind hinlänglich bekannt: Weil durch Corona und Materialmangel weniger Neumaschinen und -geräte produziert und ausgeliefert werden konnten, fehlte in der Folge insbesondere junge Gebrauchttechnik. Potenzielle Neumaschinenkäufer wichen teilweise auf Gebrauchte aus, was die Nachfrage zusätzlich steigerte. Darüber hinaus behielten viele landwirtschaftliche Betriebe ihre hochwertigen Gebrauchtmaschinen länger als gewöhnlich.
Inzwischen hat sich aber die Marktsituation geändert. Die Hersteller konnten ihre historisch hohen Auftragsbestände abarbeiten, mehr Neumaschinen gelangen auf den Markt.
Händler berichten übereinstimmend, dass gleichzeitig auch das Angebot an Gebrauchtmaschinen wieder spürbar zunimmt. Es ist zu beobachten, dass die Höfe der Händler voller werden und Maschinen dort wieder länger verweilen. Hinzu kommt eine höhere Zurückhaltung beim Maschinenkauf. Nur ein Indiz dafür sind die rückläufigen Neuanmeldungen von Traktoren in Deutschland: Seit Beginn der zweiten Jahreshälfte bleiben die monatlichen Zulassungszahlen hinter denen der entsprechenden Vorjahresmonate zurück. Und auch der CEMA-Verband meldete im November nicht nur einen weiteren Rückgang im Geschäftsklima für die europäische Landmaschinenindustrie. Der monatlich veröffentlichte Geschäftsklimaindex deutet sogar auf eine mögliche tiefe Rezession hin.
Schneller Absatz gefragt
Andreas Klassen, der die Vertriebsaktivitäten im Bereich Landmaschinen in der DACH-Region für das Auktionshaus Ritchie Bros leitet, stellt fest, dass Händler bereits auf die veränderte Marktlage bei Gebrauchtmaschinen reagieren. Demnach setzen sie wieder vermehrt auf Maschinenauktionen, um Platz auf ihrem Betriebsgelände zu schaffen. „Das Ergebnis der November-Maschinenauktion in Meppen liegt weit über unseren Erwartungen“, zieht Klassen Bilanz. Ein umfangreiches Maschinenangebot von knapp 1.500 Lots, darunter viele Traktoren, hätte mehr als 2.800 registrierte Bieter angelockt. Zudem seien auch die obligatorischen Besuchertage im Vorfeld der Meppener Online-Auktion sehr gut angenommen worden. In welche Regionen die Maschinen verkauft werden, hängt laut Klassen von verschiedenen Faktoren ab, vor allem aber von Alter und Marke. Grundsätzlich gelte aber: Je älter die Maschinen sind, desto weiter werden sie verkauft.
Was die erzielten Preise angeht, so zeigen sie laut Klassen tendenziell ein wenig nach unten. Dennoch seien aber bei der Online-Zeitauktion insbesondere leistungsstarke Traktoren zu erstaunlich hohen Preisen unter den Hammer gekommen.
„Der Markt gerät jetzt zunehmend unter Druck“, bestätigt auch Frederic Hemmen, der das Ernte- und Gebrauchtmaschinengeschäft beim John Deere Vertriebspartner Tiemann Landtechnik, Sittensen, leitet. Zur Tiemann Gruppe gehört die Marke A1-Traktor, Handelsplattform und Gebrauchtmaschinenzentrum in Sittensen direkt an der Autobahn A1. Auf einer Ausstellungsfläche von etwa zwei Hektar und in einer rund 2.000 Quadratmeter großen Ausstellungshalle werden durchgehend mehr als 200 Gebrauchtmaschinen präsentiert. Die Aufbereitung, Reparaturen und Servicearbeiten erfolgen sowohl in Sittensen als auch an den weiteren Standorten in Rotenburg, Bremervörde, Hambergen und Hoya.
Hemmen: „Der Absatz ist stark rückläufig – und zwar herstellerunabhängig.“ Trotz dieser Entwicklung zeigt sich der Gebrauchtmaschinenexperte aber keineswegs verzagt. „Schließlich kommen wir von einem sehr hohen Niveau.“ Außerdem sei man weiterhin gut unterwegs. Der Absatz bei Gebrauchten laufe bei Tiemann kontinuierlich fort – „allerdings mit mehr unterjährigen Schwankungen als in den Vorjahren.“ Für ihn ist es daher jetzt wieder an der Zeit, proaktiv in den Vertrieb zu gehen.
Mähdrescher gefragt
Nach wie vor zufrieden mit dem Marktverlauf zeigt sich auch Torsten Prael. Er steht an der Spitze der deutschen Claas Gebrauchtmaschinenorganisation First Claas Used (FCU) und leitet das FCU-Center Landsberg. Prael betont: „Der Gebrauchtmaschinenmarkt befindet sich weiterhin auf einem hohen und stabilen Niveau. Zwar werden wieder mehr Maschinen als in den vergangenen zwei Jahren in den Börsen angeboten. Aber viele Kunden haben aufgrund des zuvor mangelnden Gebrauchtmaschinenangebotes ihre Investitionen geschoben und investieren jetzt.“ Das gelte insbesondere im Bereich der Erntetechnik, so Prael. Speziell bei Mähdreschern verzeichne man aufgrund der starken Nachfrage weiterhin einen hohen Umschlag. „Und auch im Bereich der Feldhäcksler nehmen wir gerade wieder Fahrt auf.“
Im Traktoren-Segment habe die Nachfrage dagegen aktuell etwas nachgelassen – speziell bei älteren Großtraktoren und besonders im Export. Dabei gelte aber zu berücksichtigen, „dass wir von einem hohen Niveau der Vorjahre kommen“, erklärt der Leiter des FCU Landsberg, das international ausgerichtet ist. Die FCU-Gebrauchtmaschinenorganisation unterstützt Claas-Händler bei der Vermarktung von Gebrauchtmaschinen unterschiedlicher Fabrikate und verfügt über ein international ausgebautes Netzwerk mit weiteren Standorten in Frankreich, Polen und Rumänien.

© Ritchie Bros.
Ausland wichtiger Abnehmer
Auch die Tiemann Gruppe fokussiert sich bei der Gebrauchttechnik nicht allein auf den deutschen Markt. Neben Traktoren und Erntemaschinen vertreiben Hemmen und sein vierköpfiges Team auch Anbaugeräte und Transporttechnik weltweit. Über 50 Prozent des Gebrauchtmaschinenumsatzes kommen laut Hemmen bereits aus dem Exportgeschäft. „Ein Drittel der Maschinen bleibt in Deutschland, ein Drittel im europäischen Ausland und ein weiteres Drittel verlässt sogar die EU. Unterm Strich vermarkten wir rund sechs von zehn Gebrauchtmaschinen außerhalb Deutschlands.“ Dabei stelle die internationale Bekanntheit der Marke John Deere sicherlich einen Vorteil dar. Ein weiterer Pluspunkt deutscher Secondhand-Maschinen im Export ist laut Hemmen deren vergleichsweise hoher Ausstattungsgrad. „Meine Kollegen in Nordamerika nennen sie ‚high spec tractors‘ – also hochwertig ausgestattete Traktoren, bei denen die Wunschliste quasi kein Ende kennt“, sagt Hemmen. Entscheidend sei es aber, die Zweitkäufermärkte zu kennen und zu finden, betont Hemmen, dessen vorrangige Aufgabe darin besteht, Märkte zu erkunden und neue Marktchancen auszuloten. „Mindestens 50 Prozent unserer Gebrauchtverkäufe werden über Kontakte oder bestehende Geschäftsbeziehungen abgewickelt – und nicht über Anfragen durch etwaige Internetbörsen.“ Das Unternehmen Tiemann tätigt überwiegend Handelsgeschäfte im Export, „auch wenn dies zu Lasten der Marge geht. Eine hohe Kundenzufriedenheit erfordert lokale Partner, die bei auftretenden Problemen unterstützen können,“ ist Hemmen überzeugt.
Aktiv werden
Die Höfe der Händler füllen sich, und Branchenexperten sprechen sogar von einer Trendwende – weg vom Verkäufermarkt hin zum Käufermarkt. Hier ist die Nachfrage kleiner als das Angebot, sodass oft der Käufer in einer besseren Verhandlungsposition ist. Konsequenz für die Händler: Sie müssen sich wieder verstärkt auf eine aktive Vermarktung mit harten Preisverhandlungen ausrichten.
Genauso sieht es auch Frederic Hemmen: „Man muss die Leute proaktiv ansprechen. Es mag vielleicht Fleißarbeit sein, aber das Kennenlernen von Märkten, das Erschließen neuer Märkte und das Knüpfen von Kontakten sind für mich der Schlüssel zum Erfolg.“ Für ihn stellen Fachmessen eine ausgezeichnete Möglichkeit dar, Kontakte zu knüpfen. Daher war er auch die gesamte Woche auf der Agritechnica präsent. „Die Agritechnica ist die beste Plattform, um in kürzester Zeit Kontakte zu knüpfen und – was noch wichtiger ist – diese zu pflegen.“
Außerdem zeigten sich die Landwirte in Hannover recht investitionsfreudig. Das spiegelt sich auch in den Ergebnissen verschiedener Umfragen wider. So hat eine DLG-Befragung europäischer Landwirte ergeben, dass über 90 Prozent der Befragten planen, in den nächsten zwei Jahren in neue Technik zu investieren. Zudem wolle fast jeder zweite Befragte in neue Traktoren investieren.
„Die Agritechnica hat gezeigt, dass Stimmung und Investitionsbereitschaft bei unseren Kunden gut sind“, berichtet auch Torsten Prael aus Hannover. Daher sei es jetzt wichtig, diese Chancen zu nutzen und aktiv in die Vermarktung der Bestände zu gehen.
Stabiler Markt erwartet
Auch beim Ausblick in die nahe Zukunft zeigt sich Torsten Prael optimistisch „Wir gehen davon aus, dass der Gebrauchtmaschinenmarkt im Jahr 2024 tendenziell stabil bleibt – also in etwa auf vergleichbarem Niveau wie 2023.“
So wie Prael schließen auch andere Händler und Branchenexperten ein weiter anhaltendes Marktwachstum aus. Viele gehen eher von einem rückläufigen Markt aus. Auch Frederic Hemmen ist überzeugt: „Wir werden auf jeden Fall keine Steigerung erwarten können. Schließlich sind die verkauften Stückzahlen bereits in den letzten Jahren schon deutlich nach oben gegangen.“
Andreas Klassen von Ritchie Bros betrachtet die nächste Online-Auktion im März als gute Gelegenheit für Händler, um ihren Maschinenbestand zu optimieren. Er erwartet dann erneut ein starkes Ergebnis. Sicher würden manche Händler vorher ihre Langsteher „noch einmal durch die Abschreibung laufen lassen. Diejenigen Maschinen, die im Januar und Februar nicht verkauft werden, können sie dann unkompliziert und schnell auf der März-Auktion vermarkten.“
Blick in die Glaskugel
Auch was das Gebrauchtmaschinengeschäft angeht, so bleibt der Blick in die Zukunft zum Jahresende herausfordernd. Denn schließlich hängt die Investitionsbereitschaft in der Landwirtschaft von vielen Einflussfaktoren ab. Sie ist nicht nur von der Inflation oder den Erzeuger- und Betriebsmittelpreisen abhängig, unter anderen spielen auch politische Vorgaben und nicht zuletzt die Witterungsbedingungen eine Rolle.