Nach dem Umbau: Astreine Sicht nach oben

Sonderanfertigung schützt vor Asteinschlägen – Fachbetrieb Nink entwickelt und baut maßgeschneiderten „Schutzanzug“ für New Holland Traktor – Großes Panoramadach mit klappbarem Schwenkgitter erlaubt guten Blick auf Ausleger

Spezialanfertigung: Nach dem Umbau: Astreine Sicht nach oben

Durchdachter Schutzanzug: Der T7.230 AutoCommand mit schräg abfallenden Panoramadach und Forstschutzausrüstung.

Spezialanfertigung: Nach dem Umbau: Astreine Sicht nach oben

Holger Nink: „Der Umbau des Traktors war eine interessante Herausforderung.“

Es geht zügig voran. Auch heute ist Dominik Setzepfand mit seinem schwarzlackierten New Holland Traktor im Westerwald unterwegs, um das Lichtraumprofil über den Wegen zu pflegen. Wie am Fließband fallen zahllose Zweige und überstehende Äste herab. Davon wenig beeindruckt lenkt der junge Mann den gittergeschützten 225-PS-Traktor mit stoischer Gelassenheit vorwärts auf dem Forstweg. Über einen Joystick dirigiert er die Lichtraumprofilsäge am Noremat Heckausleger präzise und sicher in luftiger Höhe. Dank einer üppigen Kabinenverglasung muss der junge Mann dabei weder Kopf noch Rücken verrenken. Durch das gittergeschützte Panoramadach behält er die vier hydraulisch betriebenen Sägeblätter rechts oberhalb der Kabine gut im Blick. Kontinuierlich und unter einem ohrenbetäubenden Kreischen schneidet er bei einem Arbeitstempo von knapp fünf Stundenkilometern tiefhängende und weit nach unten ragende Äste sauber ab, von denen immer wieder welche auf sein schwarzes Gefährt herabkrachen. Nach und nach sammeln sich auch immer mehr Astabschnitte, Holzteile und Laub auf dem vergitterten, schräg nach rechts abfallenden Kabinendach an, womit sie das Sichtfeld des Fahrers auf das Arbeitswerkzeug zunehmend einschränken. Über einen Hebel aktiviert Setzepfand das hydraulische Schutzgitter oberhalb der Kabine und schwenkt es einseitig nach rechts hoch, sodass die Zweige und Äste rechts neben dem Schlepper herunterrutschen und auf der Bankette landen. Nun hat der junge Fahrer wieder freie Sicht nach oben auf den Ausleger und kann die Sägearbeit ungehindert fortsetzen.

Rund um die Uhr

Noch liegen einige Kilometer an Waldwegen vor ihm, über denen er wieder einen ansprechenden lichten Raum schaffen will. Dominik Setzepfand arbeitet für das Unternehmen Green Concept, das in Horhausen im südlichen Westerwald beheimatet ist und sich auf Leistungen rund um die Baum- und Landschaftspflege sowie Forstarbeiten spezialisiert hat. In den Wintermonaten ist der Lichtraumprofilschnitt über den Verkehrswegen ein wichtiges Einsatzgebiet, während in der restlichen Zeit des Jahres überwiegend Mäharbeiten mit dem Auslegemulcher anstehen. „Somit wird der T7 jährlich auf etwa 1.200 Betriebsstunden kommen“, rechnet Setzepfand in einer kurzen Arbeitspause vor.

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Lukas Nink erklärt die konstruktiven Besonderheiten der forstlichen Schutzausstattung an dem New Holland Traktor.

Auf Maß gefertigt

Seit Anfang Januar 2022 steht der markant schwarzlackierte T7.230 AutoCommand von New Holland in Diensten der Firma Green Concept. Allein nach den ersten vier Monaten im Gehölzschnitt hatte er bereits über 500 Stunden auf der Uhr.

Dass der Fahrer und auch die stufenlose Sechszylinder-Maschine mit 180 PS Nennleistung sicher geschützt die robusten Arbeiten gut gewappnet erledigen können, hat der Landmaschinenfachbetrieb Nink mit einem individuellen Umbau und spezieller Schutzausstattung möglich gemacht. „Es ist eine Sonderanfertigung, die in enger Zusammenarbeit mit dem Kunden Green Concept entstanden ist“, erläutert Holger Nink, geschäftsführender Inhaber des Familienunternehmens, das er vor knapp 30 Jahren gegründet hat. Der New Holland Vertriebspartner ist in Holzheim ansässig, einige Kilometer südlich von Limburg an der Lahn. Neben der traditionellen Landtechnik ist der Fachbetrieb auch in der Forst-, Garten- und Baumaschinentechnik zu Hause. Erweitert wird das Programm durch einen Mietpark für Bau- und Gartentechnik. Zu den Kunden gehört auch die Firma Green Concept. Jan Eric Hennemann, Mitinhaber des Dienstleistungsunternehmens, schätzt seit langem die Qualität der Werkstatt und den Service bei Nink. Doch dieses Mal habe er sich vor allem wegen einer speziellen Forstschutzausrüstung an den Landmaschinenfachbetrieb gewandt, „weil wir ansonsten am Markt keine Maschine finden konnten, die unseren speziellen Anforderungen genügen konnte.“ Nach eigenem Bekunden sind dem Dienstleister aus Horhausen gute Arbeitsbedingungen für seine Mitarbeiter sehr wichtig. Daher setzt er bei seiner technischen Ausstattung nicht nur auf Maschinenlösungen von der Stange, sondern auch oftmals auf individuelle Umbauten.

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Der schwarz lackierte New Holland ist sicher gewappnet gegen herabfallende Äste und herumfliegende Holzstücke.

Dach mit Aussicht

Wie Hennemann berichtet, war der freie Blick nach oben die wichtigste Anforderung im Lastenheft für den neuen Forstschlepper, den er im Frühjahr 2021 bei Nink in Auftrag gab und nach achtmonatiger Umbauzeit abholen konnte.

Jede Menge Gehirnschmalz und fast 500 Arbeitsstunden haben Holger Nink und sein sechsköpfiges Team – darunter seine beiden Söhne Lukas und Samuel – aufgewendet, um einen maßgeschneiderten Schutzanzug für den fabrikneuen schwarzen T7.230 AC zu konstruieren und zu fertigen. „Wir haben uns nächtelang Gedanken gemacht“, scherzt Holger Nink im Nachhinein über den außergewöhnlichen Auftrag. Besonderer Clou des Schleppers ist das schräg nach rechts abfallende Kabinendach mit einer über einen Quadratmeter großen Panoramascheibe, die sich von der Dachmitte bis auf die rechte Seite erstreckt und über einen Scheibenwischer verfügt. „So ein Panoramadach findet man sonst nirgends auf dem Markt“, betont Holger Nink. „Dafür haben wir das Original-Kabinendach entfernt und auf dem Hauptrahmen einen neuen Grundrahmen für das Stahldach mit Scheibeneinfassung aufgesetzt, den wir an den Originalbefestigungspunkten verschraubt haben.“ Eine bruchsichere Makrolon-Kunststoffscheibe ver- hindert, dass herabfallende Gegenstände wie zum Beispiel dicke Äste, Holzteile oder Steine von rechts oben in die Kabine eindringen und den Fahrer verletzen können, erklärt sein Sohn Lukas Nink. Für den 26-Jährigen, der 2020 als Lehrgangsbester seine Meisterprüfung im Berufsbildungszentrum Fulda abgelegt hatte, war der Umbau des fabrikneuen Ackerschleppers quasi ein zweites Meisterstück, in das er viel Engagement und Einfallsreichtum investiert hat. So galt es beim Umbau, Änderungen am Kabinenrahmen durch Bohren oder Schweißen zu vermeiden, weil sie eine gesonderte Prüfung und Genehmigung des Traktors erforderlich gemacht hätten.

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Das erfahrene Team rund um Holger Nink (r.) hat einen maßgeschneiderten Schutzanzug für einen New Holland Ackerschlepper konstruiert.

Astfrei in Sekunden

Zudem mussten die Kabinenfederung verstärkt und auch das „Wohnzimmer“ des Großtraktors umgestaltet werden. „Der Kabinenluftfilter musste ebenso wie die Klimaanlage, das Bedienfeld für die Beleuchtungsanlage, das Radio und die Staufächer, die standardmäßig rechts oben im Kabinendach verbaut sind, mitsamt der dazugehörigen Kabelstränge auf die linke Dachseite verlegt werden“, erklärt Lukas Nink.

Darüber hinaus bauten die Nink Mechaniker in enger Absprache mit dem Auftraggeber einen kompletten Schutzkäfig für den Traktor. Auch hier ließen sie sich etwas Besonderes einfallen: Die Streben des Schutzgitters oberhalb der nach rechts schräg abfallenden Makrolon-Scheibe wurden so angeordnet, dass sie die Sicht des Fahrers möglichst wenig beeinträchtigen. Besonders praktisch ist, dass das robuste Schutzgitter über ein Steuergerät im Traktor nach rechts hochgeklappt werden kann. Somit kann es problemlos vom Schleppersitz aus von herabgefallenen Zweigen und Ästen, die die Sicht nach oben behindern, ohne zusätzlichen Arbeitsaufwand befreit werden.

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Dominik Setzepfand hat einen guten Blick auf den langen Ausleger.

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Jan Eric Hennemann von Green Concept will optimale Sicherheit und Ergonomie für seine Mitarbeiter.

Durchdachte Lösung

Für den weiteren Schutz der Kabine wurde ein Rohrrahmen aus 80-mm-Rundrohr mit 6-mm-Wandung konstruiert, der gemeinsam mit zwei schräg gespannten Stahlseilen als vorderer Astabweiser dient. Die integrierten Schutzgitter für die Heck- und die rechte Seite, die ebenfalls die Sicherheit des Fahrers erhöhen, lassen sich problemlos öffnen.

Besonderen Fokus haben Holger Nink und seine Mannschaft auch auf den Unterbodenschutz gelegt und sich bewusst gegen eine durchgehende Bodenschutzplatte entschieden. „Die ist nämlich in der Regel so schwer, dass man einen Stapler und drei Leute benötigt, um sie bei Bedarf abnehmen zu können.“ Aus Service- und Reparaturaspekten habe man daher einen Unterfahrschutz aus jeweils sechs Millimeter dicken Stahl-Segmenten realisiert, die einen unkomplizierten Zugang zu den Wartungspunkten und bei Bedarf auch eine einfache Demontage ohne Einsatz von schwerem Gerät ermöglichen.

Millimeterarbeit

Neben den servicefreundlichen Bodenplatten hat das Nink-Team die robusten Schutzvorrichtungen für beide Seiten präzise und sorgfältig an die Anforderungen des Auftraggebers angepasst. Von den ersten Ideen bis zur Fertigstellung habe man eng mit dem Kunden zusammengearbeitet. „Wir haben die Ideen aus der Praxis reingegeben und das Nink Team hat das konstruktiv umgesetzt“, erinnert sich auch Jan Eric Hennemann von Green Concept.

So sind in zahlreichen Arbeitsstunden zahlreiche Features und robuste Verkleidungen für die schutzbedürftigen Teile wie Vorderachse, Motor und Ölwanne, Batterie und Hydraulik- leitungen entstanden. Auch Details wurden dabei nicht vergessen: So ist der Tankschutz komplett geschlossen, um ihn vor Beschädigungen durch herabfallende Äste zu schützen. Ein spezielles Lüftungsgitter für den SCR-Katalysator des New Holland Traktors soll eine ausreichende Luftzirkulation gewährleisten. Auch die Original-Heckkotflügel wurden demontiert und durch robuste Stahlbleche ersetzt, die der Ursprungsform entsprechen. „Sie sind ebenso wie die anderen Teile schwarz pulverbeschichtet und somit extrem kratz- und schlagfest“, erklärt Lukas Nink.

Allerdings nicht ganz passen wollen zur ansonsten schicken schwarzen Optik des neuen großen Traktors seine weißen, ein wenig abgenutzten Felgen. „Sie sind mit steiferen Forstreifen ausgestattet und stammen vom Vorgängerschlepper, der aktuell bei anderen Arbeiten eingesetzt wird.“ Sobald die Forstarbeiten beendet sind, werde man aber die neuen Standardräder mit den schwarzen Felgen montieren, sagt Setzepfand und klettert wieder in sein „Wohnzimmer“. Seine Pause ist beendet, der nächste Arbeitsgang steht an: Mit der Reisiggabel am schwarzen Frontlader des New Holland räumt er das Astmaterial von der Bankette.


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