EuroTier 2022: Zwischen Innovations-Feuerwerk und Neubaustopp für Ställe

Aussteller „liefern“ Innovationen trotz Politikversagens – Erfreulich guter Re-Start der Messe – Ersatzinvestitionen in Automatisierung im Fokus

Kommentar: EuroTier 2022: Zwischen Innovations-Feuerwerk und Neubaustopp für Ställe

Eins der großen Zukunftsthemen ist die Elektrifizierung: Strautmann stellte auf seinem Stand den ePrimus 413 vor.

Die EuroTier 2022 hat nach ihrer vierjährigen Pause unter dem hochgesteckten Leitthema „Transforming Animal Farming“ einen erfreulich guten Re-Start hingelegt. Die Kritiker stellten fest, dass rund 900 Aussteller weniger als noch 2018 präsent waren. Ja, die leeren Bereiche in den Hallen gaben kein schönes Bild ab. Tatsächlich fehlten aber vor allem kleinere Firmen, oft aus dem ferneren Ausland.

Klasse ist wichtiger als Masse

Den Besuchern war offensichtlich wichtig, wer da war und was ausgestellt wurde, nämlich innovative Lösungen für die Praxis: Die rund 1.700 Aussteller aus 55 Ländern lieferten ein Innovationsfeuerwerk ab und lockten so sowohl die interessierten als auch die interessanten Landwirte an. Viele namhafte Aussteller lobten die Qualität der Besucher und deren Investitionswillen. Und die Internationalität habe sogar zugenommen.

Politikversagen demotiviert die Agrarbranche

Dabei ist die Branchensituation nicht einfach. Prof. Heinz Bernhardt, der auch in der Neuheiten-Kommission aktiv ist, brachte es auf den Punkt: Die Landwirte wollen Ställe bauen, aber ihnen fehlen die Genehmigung und die Sicherheit, dass sie den Bau „richtig“ planen, damit er auch nächstes Jahr noch den dann geltenden Bestimmungen entspricht. Aussteller und Besucher waren sich einig: Diese komplett fehlende Planungssicherheit und die ständige Kritik der Bundesregierung an der Tierhaltung bremst den geforderten Fortschritt in Deutschland, demotiviert die Agrarbranche und veranlasst viele Betriebsleiter zum Ausstieg – ein absolutes Politikversagen.

Power-Landwirte investieren jetzt anders

Die EuroTier 2022 hat gezeigt: Die Power-Landwirte modernisieren, digitalisieren und nutzen alle Möglichkeiten zur Automatisierung. Im Milchviehbereich gibt es fast genauso viele Projekte wie sonst – aber es sind statt Neubauten jetzt Umrüstungen oder Ersatzinvestitionen mit dem Ziel der Automatisierung der Melktechnik, der Fütterung und weiterer Arbeiten. Arbeitskräfte sind jetzt noch knapper und seit dem Sprung beim Mindestlohn auch immer teurer.

Zwei Blickwinkel auf die Besucherzahl

Es wird also investiert. Bleibt an dieser Stelle die Ausstellerkritik: Warum waren eigentlich viele Aussteller auf den Ständen mit dem Besuch zufrieden, während die Nicht-Aussteller beim Gespräch auf den eindeutig vollen Gängen auf den aus ihrer Sicht schlechten Besuch hinwiesen? Da gibt es wohl unterschiedliche Blickwinkel oder Sparzwänge. Hier muss jedes Unternehmen seine eigene Strategie finden.

Junge Agrarprofis wollen echte Messe

Eines sollte allen Beteiligten jedoch klar sein: Die Zukunftslandwirte wollen Innovationen auf einer EuroTier sehen, anfassen und diskutieren. „Endlich wieder Messe“, hieß es auf den Gängen – besonders von den vermeintlich nur noch digital und online denkenden jungen Agrarprofis. Sparfüchse mögen reale Messen und Messerhythmen grundsätzlich in Frage stellen und lieber billig online agieren. Für diese EuroTier haben viele Zukunftslandwirte deren Strategie wohl nicht honoriert.

Dirk Gieschen, Agrarjournalist, Tarmstedt, Kontakt: info @ dirk-gieschen.de


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