Schweinehaltung in der Krise

Erneut drastischer Einbruch der Tierzahlen – Bestand sinkt im Vorjahresvergleich um 2,4 Millionen Tiere oder 10 Prozent – So wenige Tiere wurden zuletzt vor mehr als 40 Jahren gehalten

Die Schweinehaltung in Deutschland ist in einer tiefen strukturellen Krise. Immer mehr Tierhalter geben ihre Produktion auf, und die Tierzahlen sinken dramatisch. Dies bestätigen erneut die vom Statistischen Bundesamt (Destatis) vorgelegten Ergebnisse der Viehzählung. Diesen zufolge wurden zum Stichtag 3. November 2022 hierzulande nach vorläufigen Daten noch 21,33 Millionen Schweine gehalten; das waren 1,01 Millionen Stück oder 4,5 Prozent weniger als bei der Viehzählung im Mai und sogar 2,43 Millionen Tiere beziehungsweise 10,2 Prozent weniger als vor genau einem Jahr. Damit ist der Schweinebestand auf das tiefste Niveau seit der Wiedervereinigung 1990 gefallen.

Selbst im alten Bundesgebiet gab es in den 80er Jahren mehr Schweine als heute in der gesamten Bundesrepublik. Laut den Statistikern haben binnen Jahresfrist 1.900 Schweinehalter ihre Produktion eingestellt; das ist ein Rückgang um 10,1 Prozent. Zum Viehzählungsstichtag gab es im Bundesgebiet noch 16.900 Betriebe mit Schweinen auf dem Hof. Hierbei verringerte sich die Zahl der Zuchtsauenhalter um 11,1 Prozent auf nur noch 5.600 Betriebe.

Destatis zufolge sanken die Schweinebestände und Betriebszahlen insbesondere wegen der schwierigen wirtschaftlichen Lage vieler landwirtschaftlicher Betriebe vor dem Hintergrund stark gestiegener Energie-, Düngemittel- und Futtermittelkosten und damit höherer Produktionskosten. Erzeugerverbände führen jedoch auch die zunehmende Auflagenflut und eine fehlende Planungssicherheit als Gründe für die vielen Betriebsausgaben an.

Zudem habe der Verlust von Exportmärkten durch den Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest (ASP), die Corona-Krise sowie den sinkenden Schweinefleischverbrauch die gesamte Branche unter Druck gesetzt. Allein in den vergangenen beiden Jahren ist der Schweinebestand um 4,74 Millionen Tiere oder 18,2 Prozent gesunken und rund 3.500 Halter gaben auf.

Mehr Bullen und Ochsen

Weniger dramatisch fielen die Ergebnisse der Viehzählung bei den Rindern aus. Der Bestand in Deutschland belief sich laut Destatis Anfang November 2022 insgesamt auf 10,97 Millionen Tiere; das waren 42.700 oder 0,4 Prozent weniger als zwölf Monate zuvor. Die Milchkuhherde wurde um 23.000 Stück beziehungsweise 0,6 Prozent auf 3,81 Millionen Tiere abgestockt; der Bestand an Mutterkühen fiel moderat um 0,3 Prozent auf 609.830 Stück. In Bayern gingen die Bestände um 0,7 Prozent zurück; in Niedersachsen nahmen sie dagegen etwas überraschend um 0,7 Prozent zu. Auffällig war zudem, dass es bei den männlichen Rindern älter als ein Jahr, die für die Fleischerzeugung gehalten werden, bundesweit zu einem Bestandszuwachs im Vorjahresvergleich von 40.925 oder 4,5 Prozent auf 943.070 Tiere kam. Ochsen und Bullen waren die einzige Kategorie mit höheren Tierzahlen.

Milchviehhaltung wird aufgegeben

Bereits seit Jahrzehnten ist die Haltung von Rindern hierzulande rückläufig. Das gilt insbesondere für die Betriebe mit solchen Tieren auf dem Hof. Deren Zahl nahm laut Destatis binnen Jahresfrist um 2.797 oder 2,1 Prozent auf den neuen Tiefstwert von 129.367 Rinderhaltern ab. Dabei verringerte sich die Haltung von Milchkühen überdurchschnittlich stark, nämlich um 1.892 Betriebe oder 3,5 Prozent auf nur noch 52.895 Höfe mit diesem Produktionsschwerpunkt. Innerhalb der letzten Dekade haben rund 32.100 Landwirte oder 20 Prozent die Haltung von Rindern beendet. Dies war vorwiegend auf die Aufgabe von 30.000 Milchviehbetrieben zurückzuführen, deren Zahl sich damit um 36 Prozent verringert hat.


Weitere Artikel zum Thema

weitere aktuelle Meldungen lesen