Flächen komfortabler zäunen mit dem ATV

Ein ATV-Wickler soll das Wiederverwenden von Zäunen wirtschaftlich und komfortabler machen. Wir haben das Gerät ausprobiert.

Waldbau: Flächen komfortabler zäunen mit dem ATV

Das 45 PS starke Polaris Sportsman 570 EPS ist völlig ausreichend und gut im schwierigen Waldgelände unterwegs.

Waldbau: Flächen komfortabler zäunen mit dem ATV

So kann die Rolle auch gleich zum Pritschenwagen oder Anhänger gefahren werden, statt sie tragen zu müssen.

ATVs werden bisher vor allem als wendige Transporter für Mensch und Material genutzt. Zunehmend gibt es aber auch aktive Anbaugeräte, wodurch die Einsatzmöglichkeiten steigen: Vom Holzspalter über kompakte Mulcher gegen Brombeere & Co. bis zum vollwertigen Kleinrückewagen. Der Vorteil gegenüber Traktoren oder anderen Nutzfahrzeugen: Sie können aufgrund ihrer Größe auch abseits von Waldstraßen und Rückegassen direkt im Bestand zwischen den Bäumen fahren. Die Firma „Fahrzeug Bogner“ aus Weißenburg in Bayern hat sich unter anderem auf diese Vierrädler-Gattung spezialisiert und bietet mit der Eigenmarke „Quad Solutions Bogner (QSB)“ auch Umbauten und Equipment an. Dazu gehört seit kurzem ein komplett selbst konstruierter und gefertigter Zaunwickler. Wir konnten das Gerät bereits in der Praxis einsetzen und haben damit ein komplettes Waldstück „ausgezäunt“ und das Material an anderer Stelle wieder aufgebaut.

Der Zaun einer vor gut fünf Jahren gepflanzten Fläche musste dafür lediglich einmal mit dem Freischneider fußläufig zugänglich gemacht werden. Es ist nicht notwendig, mit dem ATV komplett am Zaun entlang fahren zu können. Das Fahrzeug sollte es lediglich an ein Ende des geöffneten Zauns schaffen, quasi um dessen Ende greifen zu können. Ist auch das nicht machbar – in sehr schwerem Gebirgswald eventuell – muss das Zaunende händisch bis zur Spule am ATV gezogen werden. Ab dann übernimmt die Maschine und holt das Maschengeflecht aus dem Bestand.

Im Detail funktioniert das sehr einfach, der Mechanismus ist durchdacht und komplett werkzeuglos zu bedienen. Lediglich eine Kneifzange sollte immer bei der Hand sein: Denn für eine gut wiederverwendbare Rolle muss das meist etwas ausgefranste Zaun-ende um ein, zwei Handbreit eingekürzt und begradigt werden. Die Drähte werden einmal um die Welle geschlungen und an lediglich drei Punkten leicht verzwirbelt, sodass sie sich nicht mehr selbst lösen. Denn die Zuglast während des Wickelns wird von einem nun zusätzlich parallel zur Welle eingeschobenen Vierkant-Stab aufgenommen. Dann kann bereits die Wickelfunktion per Funk ausgelöst werden, ein Motorstart des ATV aus der Ferne ist dabei ebenfalls möglich. Der Bedienende muss also nicht zwangsläufig direkt an der Maschine stehen, sondern kann auch im Bestand oder ein paar Meter entfernt den Zaun sauber zuführen. Denn komplett blind und durchgehend wickelt es sich in der Praxis kaum: Hin und wieder verhakt sich eine Masche an einem Ast, einem Wurzelstock oder anderen kleinen Hindernissen. Dann entlastet man am Funk kurz durch den Rückwärtslauf, befreit den Zaun und wickelt weiter. Theoretisch wäre auch ein Ein-Personen-Betrieb möglich, was aber mehr Laufen bedeuten würde. Empfehlenswert ist daher ein Zweier-Team: Einer führt am ATV auf die Spule, der andere betreut während des Wickelns den ausgehängten Zaun weiter hinten im Bestand. Letzterer hat dabei den Funk umgeschnallt, da er merkt, wann sich der Zaun verheddert und kurz angehalten werden muss. Das Ergebnis kann sich dann sehen lassen: Die Rolle ist beinahe so straff wie frisch aus dem Handel aufgespult. Eine 50-Meter-Rolle kann dann problemlos vom Gerät gezogen, verladen und wieder verwendet werden.

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Angetrieben wird der Zaunwickler elektrisch über den Lichtstrom des ATVs, ein Getriebe erlaubt zwei Geschwindigkeiten. Die schnellere ist aber nur bei perfekten Bedingungen einsetzbar, etwa wenn der Zaun auf einer Wiese oder dem Weg liegt und schnurgerade auf die Spule laufen kann. Die niedrige Stufe ist für den Einsatz im Forst aber gut geeignet und keinesfalls zu langsam. Einen Leerlauf gibt es ebenfalls, er ist vor allem für das Aufstellen wichtig, da dann der Zaun leichtgängig vom Gerät gezogen werden kann.

Mehr Komfort

Für das Aufstellen des Zauns bringen wir den Wickler in senkrechte Position, wodurch er sich gut händeln lässt. So kommen wir im unwegsamen Bestand zudem leichter an die gewünschte Startposition. Denn die Arbeitsbreite ist so schmaler als mit quer liegender Rolle. Wir hatten die 160-cm-Variante im Einsatz, eine Zwei-Meter-Version ist ebenfalls zu haben, baut aber entsprechend sperriger. Im Vorfeld sollte kurz überlegt werden, wo die Maschine sinnvoll steht. Denn auch für das Abrollen muss das Quad nicht zwangsläufig die eingeschlagenen Pfosten abfahren. Direkt an Wegen wäre das aber sicherlich die bequemste Möglichkeit. Ansonsten bleibt das Gerät an Ort und Stelle: Schon allein die fixe Position der Rolle während des Abspulens macht das Arbeiten bequemer. Durch den mitgelieferten „Zaunkamm“ konnten wir das Drahtgeflecht auch in schwierigem Gelände einhändig gerade und parallel ziehen, die andere Hand war frei zur Eigensicherung.

Frontballast notwendig

Beinahe wäre es uns dann passiert, dass das ATV innerhalb des Zauns stand, was es nach getaner Arbeit schwierig gemacht hätte, wieder auf den Weg zu kommen. Das sollte ebenfalls im Vorfeld bedacht werden. Negativ wirkte sich das Gerät während unseres Tests allerdings auf die Fahreigenschaften aus: Das Gewicht von 80 kg plus 40 kg Zaunrolle entlastet die Vorderachse stark, wodurch Lenkung und Stabilität leiden. Das ist aber bei anderen Fahrzeugen ebenfalls so, etwa mit Pflug & Co. in der Landwirtschaft und daher kein neues, unlösbares Problem: „Abhilfe schafft ein verstärktes Fahrwerk sowie ein modulares Frontgewicht, welches wir nun mit anbieten“, empfiehlt Jonas Bogner. Außerdem bereitet er derzeit eine Anbauvariante für Forstraupen vor, da das schon häufig angeregt worden sei.

Ein kleines Manko der recycelten Rollen: Werden sie wieder auf das Gerät gefädelt, gerät die Welle immer auch durch eine geschlossene Masche – mindestens. Das bedeutet umklappen und manuell ausfädeln – eigentlich. Schneller und praktischer ist auch hier eine Kneifzange, der aufgezwickte Draht am Ende ist für den künftigen Zaun praktisch irrelevant.

„Auf der Interforst hatten wir bereits ein Vorserienmodell dabei, das für sehr viel Aufmerksamkeit gesorgt hat. Inzwischen ist die Serienreife erreicht und wir zeigen das Gerät interessierten Forstleuten, wie etwa im sächsischen Landesforst“, sagt Jonas Bogner. Dort arbeitet man bereits mit ATV, die den alten Zaun einfach aus dem Bestand zerren, nachdem er von den Pfählen gelöst wurde. Während einer Vorführung entpuppte sich der Zaunwickler als gute Erweiterung dieser Taktik: Das Zaun- ende wird einige Umdrehungen aufgewickelt, dann fährt das ATV los und bringt die nötige Zugkraft auf, um auch etwas stärker in den Brombeeren eingewachsene Zäune frei zu bekommen. Das Wickeln kann dann teilweise bereits parallel dazu erfolgen.

Fazit

Insgesamt erhöht der ATV-Wickler den Komfort um ein gutes Stück. Zudem können so auch Zäune, die technisch noch in Ordnung sind, ein weiteres Mal verwendet werden, Stichwort Nachhaltigkeit. Denn bisher war für Dienstleister der Abbau mit Ziel Wiederverwertung zeitlich aufwendig und damit kaum wirtschaftlich. Also wurde meist eine neue Rolle dem Wiederaufbau vorgezogen. Das könnte man nun ändern. Wir haben für die Demontage samt Wickeln von etwa 120 m Zaun zwei Stunden benötigt. Das ginge mit Routine im Alltag sicher noch schneller, da wir nicht sehr geübt mit dem Gerät waren. Bogner hat zusammen mit einem Kollegen knapp 600 m Zaun in viereinhalb Stunden geschafft, sprich 130 m oder gut 2,5 Rollen stündlich. Neu würde dieses Geflecht alleine etwa 1.200 Euro kosten, wesentlich mehr als die intern zu kalkulierenden Mannstunden für die Demontage mit dem Wickler. Arbeitet man, wo es möglich ist, dann noch nach dem etwas rabiateren Prinzip und zieht den Zaun fahrend aus dem Bestand, ließe sich sicherlich noch ein Hauch mehr Zeit sparen. Außerdem muss der Abbau ja so oder so erledigt werden, denn der Zaun muss nach einer bestimmten Zeit wieder vollständig aus dem Wald verschwinden. Jedoch gibt Bogner auch zu bedenken, dass nicht immer 100 Prozent des Zauns recycelt werden können, da oft einige Stellen zu stark eingewachsen und nur per Kneifzange demontierbar sind. So sollten sich die von QSB veranschlagten 6.249 Euro netto (Wickler ohne ATV) durch einen Dienstleister durchaus amortisieren lassen – zumal der Komfortgewinn für die Mitarbeiter sowie die höhere Nachhaltigkeit ebenfalls wichtige Faktoren sind.

Spar-Version und bald auch Pfahlramme

Wer etwas enger im Budget ist und nur eine Aufbau-Hilfe braucht, bekommt von Bogner zudem seit kurzem eine abgespeckte Version: Durch die Einsparung von Antrieb, Elektrik und Funk kostet diese nur 2.795 Euro. Damit wird der neue Zaun lediglich am Quad fixiert und freilaufend per Muskelkraft abgerollt. Das alleine mache aber das Arbeiten bereits viel bequemer, da beispielsweise das Schleppen der Rollen vom Pritschenwagen an den endgültigen Aufstellort zwischen den Bäumen entfällt. Stattdessen kann die Rolle direkt von der Ladefläche auf den Zaunwickler gefädelt und so in den Bestand gefahren werden. „Eine Baumschule hatte das angefragt, was für uns problemlos umsetzbar war. Die weggelassenen Komponenten könnte man auch später noch nachrüsten“, sagt Bogner. Ergänzend in Arbeit ist derzeit eine parallel an der Fahrzeugfront montierbare Pfahlramme, wodurch der komplette Zaunbau technisch unterstützt erfolgen kann. Wie das genau funktioniert, will Bogner auf der Messe „Forst Live“ in Offenburg (BW, nähe Straßburg) Ende März zeigen.


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