Über viele Monate hinweg führten Produktionsengpässe und daraus resultierende begrenzte Verfügbarkeiten dazu, dass das Technikangebot schrumpfte und die Preise kletterten. Im ersten Schritt bei neuen Maschinen, im zweiten bei Gebrauchten. Zwar werden die Lieferketten mittlerweile wieder stabiler, sodass sich die Lieferzeiten für Neumaschinen verkürzen. Dennoch kommt noch immer nicht ausreichend Gebrauchttechnik auf den Markt. Damit bleibt die Situation im Gebrauchtmaschinengeschäft vorerst angespannt.
Angebot noch immer knapp
„Die Verfügbarkeit von Neumaschinen hat sich unabhängig vom Fabrikat erheblich verbessert. Lediglich bei in den USA produzierten Maschinen bestehen noch Lieferverzögerungen“, so Christian Mitterdorfer von Titan Machinery Europe. Das Unternehmen vertreibt über ein Netzwerk von mehr als 40 Niederlassungen, unter anderem in Deutschland, Rumänien, Bulgarien und der Ukraine, Landtechnik von Case IH und Steyr. Allein in Deutschland ist Titan mit acht Standorten vertreten, die Kunden in Sachsen, Thüringen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern betreuen.
Wie Mitterdorfer ausführt, unterstützt die höhere Lieferfähigkeit bei Neutechnik das Gebrauchtmaschinengeschäft im Moment allerdings nur wenig. Die Verfügbarkeit von Gebrauchtmaschinen ist aus seiner Sicht nach wie vor gering, zudem seien auch die Anfragen dafür rückläufig. „Vor allem sinkende Getreidepreise und steigende Finanzierungskosten bereiten unseren Kunden Sorgen.“ Mitterdorfer beobachtet, dass Neumaschinenkunden Investitionen aufschieben und ihre Gebrauchtmaschinen behalten. „Deshalb wird auch die Verfügbarkeit von Gebrauchtmaschinen nicht besser, was deren Preise relativ hoch hält“, erklärt der österreichische Vice President von Titan Machinery Europe.
„Die mitunter schlechte Lieferfähigkeit von Neumaschinen aller Art hat in den letzten zwei Jahren das Gebrauchtmaschinengeschäft befeuert“, sagt Tobias Grüb vom baden-württembergischen John Deere Vertriebspartner Zürn. Doch mit zunehmender Entspannung der Lieferketten gehe nun die Nachfrage nach Gebrauchttechnik zurück. Auch Rainer Fuge, der die Abteilung Gebrauchttechnik im Raiffeisen Waren-Konzern leitet, stellt seit Frühjahrsbeginn ein rückläufiges Interesse für Gebrauchtmaschinen fest. In den vergangenen zwei Jahren hätten die Preise für Neutechnik kräftig angezogen. „Das dämpft die Investitionsfreude vieler Landwirte.“ Zudem trügen auch höhere Finanzierungskosten dazu bei, dass Investitionen verschoben werden. „Bei Zinsen von über fünf Prozent werden die Endkunden vorsichtiger“, erklärt Fuge. Schließlich sei auch die Kostenbelastung der landwirtschaftlichen Betriebe enorm gestiegen – mitunter stärker als die Erlöse. Deshalb verhielten sich auch Leasinggesellschaften bisweilen restriktiver bei der Geldvergabe.
Landwirte tauschen seltener
Rainer Fuge stellt aber auch fest, dass die Landwirte ihre Technik länger nutzen und vermehrt in Reparaturen investieren. „Davon profitiert das Werkstattgeschäft“, fügt er hinzu. Insbesondere Landwirte in Deutschland und Westeuropa, die in der Regel mit guter Technik ausgestattet sind, hätten ihre Erlössituation fest im Blick und würden zunächst die weitere Preisentwicklung im Bereich Landtechnik beobachten. Vor wenigen Monaten, als Neumaschinen nicht immer verfügbar waren, sei es anders gewesen. „Da haben wir einen unheimlichen Run auf junge hochpreisige Gebrauchte erlebt“, erinnert sich Fuge. „Dieser Hype hat sich aber gelegt.“
Auch wenn es zurzeit keinen Überschuss an Gebrauchtmaschinen gibt; dennoch sind die Preisvorstellungen der Kunden, die gebrauchte Technik in Zahlung geben wollen, aus Sicht der Fachhändler mitunter recht hoch. Um ihren Kunden entgegenzukommen, versuchen sie dann oftmals, die Maschinen im Kundenauftrag zu deren Wunschpreis zu vermitteln. „Alternativ probieren die Kunden auch selbst mal ihr Glück und versuchen, die Maschine erfolgreich zu veräußern“, so Tobias Grüb von der Zürn GmbH & Co. KG mit Stammsitz in Schöntal-Westernhausen, die mehr als 190 Mitarbeitende an 16 Standorten in Baden-Württemberg und Bayern beschäftigt.
Gute Chancen im Verkauf haben die Kunden vor allem bei Gebrauchttechnik in den unteren Leistungsklassen. Wie Grüb berichtet, ist das Kaufinteresse insbesondere bei „kleinen“ gebrauchten Anbaugeräten und Traktoren unter 100 PS seit Jahren hoch. In dieser Klasse übersteige die Nachfrage nach bezahlbaren Maschinen das verfügbare Angebot um ein Vielfaches.
Viel Düngetechnik im Markt
Dagegen ist gebrauchte Dünge- und Pflanzenschutztechnik aktuell zu vergleichsweise günstigen Preisen erhältlich, berichten Fachhändler. Hintergrund ist das Investitionsprogramm Landwirtschaft. Weil sich die Lieferketten in vielen Bereichen entspannt haben, können Hersteller endlich ihre Kunden beliefern, die den Zuschuss aus dem Fördertopf „Bauernmilliarde“ beantragt hatten. Im gleichen Zuge kommen vermehrt gebrauchte Feldspritzen, Gülletechnik und Düngerstreuer auf den Markt. „Diese Maschinen und Geräte sind aufgrund des Überangebots oft für günstiges Geld zu bekommen“, weiß Tobias Grüb. Seiner Ansicht nach spekulieren aber dennoch viele Landwirte zunächst auf den Kauf einer subventionierten Neumaschine, bevor sie eine Gebrauchte in Erwägung ziehen. „Somit ist die Nachfrage nach gebrauchter Dünge- und Pflanzenschutztechnik gering, während das Angebot groß ist“, sagt Grüb, der bei dem süddeutschen John Deere Vertriebspartner das Marketing verantwortet.
Völlig anders stellte sich die Marktlage 2021 dar, als das Investitionsprogramm neu aufgelegt wurde. „Die Preise für Pflanzenschutz- und Düngetechnik schnellten seinerzeit abrupt in die Höhe“, erinnert sich Rainer Fuge. „Analog forderten die Kunden höhere Preise für ihre Gebrauchtmaschinen. – Und diese überteuerte Technik belastet noch immer den Markt.“
Wie Fuge berichtet, habe sich das Grasdorfer Gebrauchtmaschinenzentrum damals gleich entschieden, die Preisfindung konsequent am Marktwert und nicht am Preisniveau der Neumaschinen zu orientieren. „In der Folge haben wir zwar das ein oder andere Geschäft nicht realisieren können, dafür müssen wir jetzt aber auch keine außerplanmäßigen Abschreibungen auf hochpreisige Inzahlungnahmen vornehmen“, sagt Rainer Fuge, der das Gebrauchtmaschinenzentrum der Raiffeisen Waren GmbH leitet. Das Kasseler Unternehmen ist exklusiver Vertriebspartner des Agco-Konzerns mit den Marken Fendt, Massey Ferguson und Valtra.
Zinsen drücken Laune
Nur langsam scheint sich im Segment Erntetechnik die Verfügbarkeit von Neu- und auch Gebrauchtmaschinen zu stabilisieren. Das Geschäft mit den Mähdreschern läuft zurzeit noch verhalten. Tobias Grüb: „Es sind aktuell noch nicht allzu viele gebrauchte Maschinen verfügbar.“ Daher rechnet er angesichts der anhaltenden Knappheit mit höheren Preisen. „Das steigende Zinsniveau wirkt sich ebenfalls negativ auf die Kaufentscheidung im Bereich der Großmaschinen aus“, erläutert Grüb.
Christian Mitterdorfer, der als Vice President Europe von Titan Machinery neben Deutschland auch andere europäische Landtechnikmärkte im Blick hat, kann aber bereits eine Trendwende erkennen: „Das Verhältnis von Angebot und Nachfrage hat sich stabilisiert und liegt wieder auf dem Niveau vor der Lieferkettenkrise.“
Wenig Nachfrage in Osteuropa
Im Exportgeschäft mit den gebrauchten Landmaschinen sind vor allem die Auswirkungen des Ukraine-Krieges zu spüren. Den Landwirten in den unmittelbaren Anrainerstaaten der Ukraine macht der massive Preisverfall bei Agrarprodukten durch ukrainische Billigimporte zu schaffen.
Für das Gebrauchtmaschinenzentrum in Grasdorf, das auf die Vermarktung von Gebrauchtmaschinen aller Fabrikate im In- und Ausland spezialisiert ist, sind die Nachbarländer der Ukraine eigentlich wichtige Absatzmärkte. Doch hier erlebt Rainer Fuge zurzeit einen deutlichen Einbruch: „Alle Anrainerstaaten haben enorme Probleme damit, dass Getreide aus der Ukraine für bis zu 40 Prozent unter Marktpreis ins Land geliefert wird. Die Landwirte in Polen, Tschechien, Ungarn und Rumänien können ihr Getreide selbst nicht mehr vermarkten und haben dementsprechend volle Silos. Auch die Milchpreise, die schon zuvor auf vergleichsweise niedrigem Level waren, sind massiv gefallen. Das ist dramatisch!“ In den osteuropäischen Ländern sei zurzeit eine enorme Kaufzurückhaltung zu spüren – auch wenn der Bedarf für Landtechnik noch immer hoch sei. Rainer Fuge gibt zudem zu bedenken: „Das, was Osteuropa zurzeit nicht aufnimmt, kann nur bedingt in westeuropäischen Ländern abgesetzt werden. Somit ist das Exportgeschäft insgesamt rückläufig.“ Hinzu kommen laut Mitterdorfer „vergleichsweise gute Ertragsprognosen für die Ernte 2023, die zusammen mit dem Einfluss der Getreideimporte aus der Ukraine den Druck auf die lokalen Getreidepreise erhöhen.“ Und auch aufgrund der gestiegenen Finanzierungszinsen und höheren Neumaschinenpreise würden sich mehr Kunden in den osteuropäischen Ländern für gebrauchte Maschinen interessieren.
Dennoch öffnen sich aber scheinbar auch wieder neue Türen. So berichtet Tobias Grüb vom Unternehmen Zürn, das ebenfalls seit vielen Jahren die Exportmärkte in Osteuropa mit Gebrauchtmaschinen bedient, von vermehrten Anfragen aus Afrika.
Sinkende Preise erwartet
Was die weitere Marktentwicklung angeht, so rechnen Marktbeobachter mit einer Trendwende: Nachdem die Hersteller lange durch Lieferkettenprobleme ausgebremst wurden, läuft zwar die Produktion wieder besser. Allerdings halten sich die Kunden nun aufgrund wirtschaftlicher Belastungen stärker zurück. Eine Entwicklung, die zu steigenden Beständen im Handel und damit möglicherweise zu nachgebenden Gebrauchtmaschinenpreisen führen könnte.
Eine Prognose, die auch Tobias Grüb bestätigt: „Unserer Einschätzung nach wird die Nachfrage stagnieren, sodass die Preise auf dem Gebrauchtmarkt leicht sinken werden.“ Auch Christian Mitterdorfer erwartet, „dass sich die Situation nach der Getreideernte normalisieren wird. Dann werden wir mehr Maschinen im Angebot haben, als nachgefragt werden, sodass mit sinkenden Preisen für Gebrauchtmaschinen zu rechnen ist. Das könnte dazu führen, dass Händler Gefahr laufen, überteuert zurückgenommene Maschinen auf Lager zu haben“, befürchtet Mitterdorfer, der für die nächsten Monate immerhin ein moderates Wachstum des europäischen Gebrauchtmaschinenmarktes prognostiziert.
Auch Rainer Fuge erwartet einen rückläufigen Markt, rechnet aber nicht mit einem größeren Einbruch. Allerdings, so sagt er „müssen wir uns wohl alle damit abfinden, dass die Gebrauchtmaschinenpreise zukünftig etwas in Richtung Süden tendieren werden.“
Annette Schulze Ising