Wenn man sich durch die Leistungsangaben in den Prospekten verschiedener Traktoren arbeitet, stellt man schnell eines fest: Eine direkte Vergleichbarkeit ist – auch bei Maschinen aus demselben Konzern – oft kaum gegeben. Dies beginnt bei den Typenbezeichnungen, für die unter Umständen sehr unterschiedliche Leistungsangaben verwendet werden, und endet bei mal blumigen, mal kryptischen Marketingbegriffen für spezielle Motoren- oder Getriebetechniken. In die Kaufentscheidung fließen sehr unterschiedliche Kriterien ein. Im Wesentlichen lassen sich diese in drei Kategorien einteilen: Zunächst muss der Traktor die geforderte Arbeitsleistung erbringen, das heißt Drehmoment und Leistung sowie die nötige „Spritzigkeit“ im Arbeitseinsatz müssen gegeben sein. Dann geht es im zweiten Schritt um die Kosten. Wie hoch ist der Netto-Kaufpreis, ggf. abzüglich Rücknahmepreis für Alttraktor und kalkuliertem Restwert nach einer gewissen Laufzeit? Wie hoch sind die variablen Kosten, unter anderem für Kraftstoff, Reparatur und Wartung, denn diese tragen über die gesamte Nutzungsdauer eines Traktors erheblich zu den Gesamtkosten bei. Und schlussendlich spielen natürlich solche Eigenschaften wie Markentreue, Bedienkonzepte, Ergonomie und „Wohlfühlfaktor“ eine nicht unwesentliche Rolle. Am Beispiel eines Zapfwellen-Leistungsdiagramms, das in jedem DLG-PowerMix-Datenblatt und sogar in den OECD-Prüfberichten zu finden ist, wollen wir uns mit den beiden Kriterien „Leistung“ und „variable Kosten“ auseinandersetzen.
Das Diagramm lesen: Drehzahl …
Letztlich geht es immer um die Themen Drehzahl, Drehmoment und Leistung sowie die Verbrauchswerte des Traktors. Weil sich die Motorleistung in Abhängigkeit von der Drehzahl ändert, beginnen wir mit diesem Wert. Im Diagramm zu finden ist die Motordrehzahl als x-Achse, denn alle Werte werden auf die Motordrehzahl bezogen. Hierbei stellt die sogenannte „Nenndrehzahl“ einen speziellen Punkt dar. Sie ist die höchste Drehzahl eines Dieselmotors bei Volllast – im Gegensatz zur Maximaldrehzahl, die einem hohen Leerlauf völlig ohne Leistungsabgabe bzw. Last und mit verringerter Dieseleinspritzung entspricht. Die Leistung unter Volllast wird im Diagramm in der blauen „Volllastkurve“ in Abhängigkeit von der Motordrehzahl dargestellt. Von Nenndrehzahl bis hinunter zur niedrigsten Drehzahl, mit der ein Motor bei Last noch läuft, wird dabei die maximal mögliche Kraftstoffmenge („Vollgas“) eingespritzt. Bei heutigen Motoren liegt die maximale Leistung in der Regel bei Drehzahlen unterhalb der Nenndrehzahl an, dieser Punkt wird als Höchstleistungsdrehzahl bezeichnet und stellt den höchsten Punkt der Volllastkurve dar. Zwangsläufig kann ein solcher Motor dieselbe Leistung wie bei Nenndrehzahl auch noch an einem zweiten Punkt mit „gedrückter“ Drehzahl abgeben. Ohne auf den Verlauf der Leistung innerhalb dieses Bereichs näher einzugehen, bezeichnet man den Bereich zwischen diesen beiden Drehzahlpunkten als Konstantleistungsbereich, der in Prozent der Nenndrehzahl angegeben wird. Der Begriff der Überleistung wiederum bezeichnet genau den Wert des Leistungszuwachses zwischen Nenndrehzahl und Höchstleistungsdrehzahl.
… Drehmoment …
Auf der grünen Kurve im Diagramm wird der Verlauf des Drehmoments in Abhängigkeit von der Motordrehzahl dargestellt. Das Drehmoment ist die Kraft, die ein Motor an seinem Schwungrad abgibt. Sie wird in Newtonmeter (Nm) gemessen und berechnet sich aus der Kraft und dem Hebelarm, d. h. dem Radius des Schwungrads, normiert auf einen Meter. Steigert man am Zapfwellen-Leistungsprüfstand – beginnend beim hohen Leerlauf – langsam die Motorbelastung, so sinkt die Drehzahl nach und nach mit steigender Last ab. Je nach Motor wird bei einer bestimmten Drehzahl das maximale Drehmoment erreicht. Das Verhältnis zwischen Drehmoment bei Nenndrehzahl (100 %) und maximalem Drehmoment ist der in Prozent ausgedrückte Drehmomentanstieg. Ebenfalls in Prozent angegeben wird das Verhältnis zwischen Nenndrehzahl und Drehzahl bei höchstem Drehmoment, der sogenannte Drehzahlabfall. Für die „Spritzigkeit“ beim Anfahren wichtig ist das Drehmoment bei einer Motordrehzahl von 1.000/min – ebenfalls in Prozent auf das Drehmoment bei Nenndrehzahl bezogen. Das Drehmoment bei 1.000/min ist ein Maß für die Zugkraft, mit der ein Schlepper aus dem Stand anfährt, und je höher dieser Wert liegt, desto besser kann man mit hohen Lasten losfahren.
… Leistung …
Die Leistung wiederum wird aus den bereits definierten Werten errechnet, indem man Drehmoment mit der Motordrehzahl multipliziert. Ein wichtiger Punkt ist die Nennleistung, die definiert ist als die Leistung, die der Motor bei Nenndrehzahl abgibt.
... und Verbrauch
Oberhalb der Nenndrehzahl bis zum hohen Leerlauf vermindert der Regler der Einspritzpumpe die eingespritzte Kraftstoffmenge, um Überdrehzahlen zu verhindern. Der Motor wird also abgeregelt, was auch namensgebend für die Abregelkurve, d. h. den gesamten Diagrammbereich oberhalb der Nenndrehzahl, ist. Da wie oben erwähnt der Verlauf der Volllastkurve durch die eingespritzte Kraftstoffmenge bestimmt wird, sind gewisse Ähnlichkeiten zum Verlauf der Kurve des absoluten Kraftstoffverbrauchs (rote Kurve) erkennbar. Diese stellt den Maximalverbrauch dar, der nicht überschritten werden kann. Teilt man den gemessenen absoluten Verbrauch in kg/h durch die bei derselben Drehzahl gemessene Leistung, erhält man den spezifischen Verbrauch in g/kWh (schwarze Kurve). Dieser Wert gibt an, wie viel Kraftstoff ein Motor an einem bestimmten Betriebspunkt braucht, um ein kW Leistung zu erzeugen. Weil dieser Wert aber unabhängig von der Leistung eines Motors ist, kann er sehr bequem zum Vergleich der Effizienz von Motoren aller Leistungsklassen verwendet werden – man muss lediglich im Hinterkopf behalten, dass ein Motor umso effizienter arbeitet, je größer er ist. Prinzipiell gilt aber: Je höher der spezifische Verbrauch ist, umso höher fallen später die variablen Kosten aus, wenn der Traktor im tagtäglichen Betrieb eingesetzt wird.
Fazit
Man kann aus den Motorkennlinien eines Zapfwellen-Leistungsdiagramms einiges über den Motor und damit den Traktor in Erfahrung bringen, aber nicht alles. Zunächst fehlen wichtige Informationen darüber, wie sich Leistung, Drehmoment und Verbrauch im Teillastbereich darstellen – diese Werte werden als die sogenannten „profi“-Punkte aber inzwischen vielfach bei den Messungen aufgenommen und im Diagramm dargestellt. Außerdem laufen die Messungen statisch ab, das heißt, es gibt keine Schwankungen in der Belastung, wie sie in der Realität ständig auftreten. Dieses Defizit konnte im DLG-Power-Mix, dem Platinstandard für Traktorenleistungs- und -verbrauchsmessungen, behoben werden, in dem die Traktoren mit aus Praxismessungen abgeleiteten Lastverläufen bestimmter Anbaugeräte bis zu bestimmten Teillastpunkten und zur Volllast beaufschlagt werden. Die so gemessenen Werte haben eine höhere Praxisrelevanz und können außerdem über die Basis der rechnerischen Arbeitsbreite des Anbaugeräts in praxisrelevante Werte wie den Verbrauch pro Stunde oder pro Fläche umgerechnet werden. Die PowerMix-Datenblätter der DLG-geprüften Traktoren sind unter www.DLG-test.de kostenfrei abrufbar.
Dr. Frank Volz
DLG-Testzentrum Technik und Betriebsmittel, f.volz@DLG.org