Wie sich Fahrzeuge klimaneutral betreiben lassen, ist derzeit wohl das Thema Nummer eins in den Entwicklungsabteilungen der Hersteller von Autos und Nutzfahrzeugen wie Lkw, Traktoren oder Baumaschinen. JCB konzentriert sich bei seinen mittleren und größeren Maschinen derzeit auf Wasserstoff als alternative Antriebsquelle und hat bereits einige Prototypen im Einsatz, darunter einen Teleskoplader des Typs 532.70 sowie das Baggerlader-Modell 3CX.
Brennstoffzelle untauglich
Bereits 2020 stellte JCB den laut eigenen Angaben ersten wasserstoffbetriebenen 20-Tonnen-Bagger 220X vor. Dieser arbeitet mit Brennstoffzellen, die nach umfangreichen Tests laut JCB aktuell jedoch zu teuer (Hauptrohstoff ist Platin), zu kompliziert (Kühlerpaket ist deutlich größer, spezielle Kühlflüssigkeit nötig) und nicht robust genug für den Einsatz in Bau- und Landmaschinen sind. Daher investierten die Briten rund 100 Millionen Pfund in die Entwicklung von Verbrennungsmotoren, die mit Wasserstoff statt Diesel laufen. Kürzlich ist der 50ste dieser neuen Wasserstoff-Verbrennungsmotoren vom Band gelaufen. Diese sind bereits seit 2021 in einigen Prototypen von Baggerladern und Teleskopladern im Testeinsatz.
Motor mit Zündkerze
Die Basis für den Wasserstoffmotor ist ein herkömmlicher Dieselmotor von JCB mit vier Zylindern und 16 Ventilen. Dabei gab es vier Herausforderungen zu meistern. Während der Motorblock nahezu unverändert ist, haben die Ingenieure den Zylinderkopf neu entwickelt. Das war unter anderem nötig, weil für das Zünden des Wasserstoff-Luft-Gemisches eine Zündkerze erforderlich ist. Das Verdichten der angesaugten Luft war ein weiterer Knackpunkt: Dafür wurde der Turbolader speziell konzipiert, der mit einer noch höheren Drehzahl arbeitet. Auch das richtige Verhältnis des Gemisches mussten die Entwickler erst herausfinden. Und schließlich mussten sie das „Abgas“-System extra entwickeln, da der Motor (nur) heißen Dampf in die Umwelt entlässt.
Der Wasserstoffmotor leistet rund 75 PS (55 kW) und soll auch beim Drehmoment die gleichen Kennwerte wie sein Diesel-Pendant bieten. Der Wasserstoff wird übrigens mit einem deutlich niedrigeren Druck eingespritzt (11 bar statt bis zu 2.000 bar bei einem Dieselmotor) und bei niedrigeren Temperaturen verbrannt.

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Der Teleskoplader verbraucht pro Arbeitstag circa vier Kilogramm Wasserstoff.
Tanken mit Hochdruck
Bleibt noch der Nachschub für den Motor: Statt des Dieseltanks sind mehrere Druckspeicher verbaut. Die Betankung mit dem gasförmigen Wasserstoff erfolgt durch Druckausgleich: In der „Tankstelle“ ist der Wasserstoff mit 500 bar eingelagert, in den Tanks des Fahrzeugs mit 350 bar. Der Füllschlauch wird einfach an das Fahrzeug gekoppelt. Ein Überfüllen ist nicht möglich, der Tank ist schon nach wenigen Minuten einfach voll. Eine integrierte Rücklaufleitung sorgt für emissionsfreies Tanken. Eine „Sauerei“ wie etwa mit ausgelaufenem Diesel ist also nicht möglich. JCB beziffert den Verbrauch mit rund 4 kg Wasserstoff pro Arbeitstag beim Teleskoplader 532.70 und mit rund 10 kg beim Baggerlader 3CX – die jeweiligen Tanks sind auf diese Füllmengen ausgelegt. 1 kg Wasserstoff ersetzt übrigens rund 3 l Diesel.
Auf einer Presseveranstaltung am britischen Stammsitz von JCB stellte das Unternehmen eine eigens entwickelte, mobile Betankungsanlage vor, um den Wasserstoff bis zu den Maschinen zu bringen. Der Tankwagen fasst genug Wasserstoff, um 16 Wasserstoff-Baggerlader zu betanken. Er lässt sich entweder auf der Rückseite eines modifizierten JCB Fastrac oder auf einem Anhänger transportieren.
Auf unsere Frage, wann denn mit dem ersten wasserstoffbetriebenen Fastrac zu rechnen sei, nannte JCB bei größeren Motoren das erforderliche Tankvolumen als derzeit begrenzenden Faktor.
Wann Wasserstoff-Fastrac?
So würde für einen vollen Arbeitstag ein Tank in der Größe der mobilen Tankanlage benötigt. Die Sicht nach hinten wäre also völlig verbaut – von der noch fehlenden Wasserstoff-Infrastruktur ganz abgesehen.
Kleinere Tanks ließen sich durch eine höhere Energiedichte erreichen – sprich, durch das Verdichten auf 700 bar oder den Einsatz von flüssigem Wasserstoff. Beides sei laut JCB derzeit aber noch zu aufwendig und teuer zu bewerkstelligen.

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Der Wasserstoffmotor leistet rund 75 PS.
Warum weg von Diesel?
„Verbrenner“ werden derzeit von vielen Seiten verteufelt. In der EU soll der CO2-Ausstoß neu zugelassener Pkw bis 2035 auf null sinken – was de facto das Aus für Autos mit herkömmlichem Diesel- oder Benzin-Verbrennungsmotor bedeutet. Ob diese Regelung auch gilt, wenn derlei Motoren mit klimaneutralen Alternativ-Treibstoffen (sogenannten E-Fuels) betrieben werden, ist derzeit noch offen. Für JCB ist der Standpunkt klar: „Man muss keinen Verbrennungsmotor verbieten, sondern die fossilen Treibstoffe“, brachte es ein Manager bei der Präsentation der aktuellen Wasserstoff-Fahrzeugflotte auf den Punkt.
Warum Wasserstoff?
Alternative Antriebsformen haben noch mit vielen Herausforderungen zu kämpfen, darunter der Verfügbarkeit und den Produktionskosten der Treibstoffe sowie dem Aufbau der Infrastruktur. Bei der Analyse künftiger emissionsarmer Kraftstoffe hat JCB eigenen Angaben zufolge nichts ausgeschlossen. Die Vorgabe bei der Suche war, dass der Kraftstoff mobil zur Maschine transportiert werden kann, um eine maximale Betriebszeit und ein schnelles Tanken zu gewährleisten. Daher haben die Ingenieure die alternativen Kraftstoffe HVO (Hydrogenated Vegetable Oils, auf Deutsch Hydrierte Pflanzenöle – ein Dieselersatz), Biogas, E-Fuels (synthetische Kraftstoffe), Ammoniak und Wasserstoff unter die Lupe genommen. Die meisten dieser Alternativen würden laut JCB ohnehin die Herstellung von Wasserstoff erfordern. Daher sei es sinnvoll, direkt auf Wasserstoff zu setzen. Dieser setzt bei der Verbrennung nur Wasserdampf frei und kein CO2. Noch dazu könne er aus erneuerbaren Energien hergestellt werden, wie Photovoltaik- sowie Wind- oder Wasserkraftanlagen. Zudem ermögliche der Einsatz von Wasserstoff-Verbrennungsmotoren in größeren Fahrzeugen wie Baggern oder Traktoren eine schnelle und mobile Betankung – im Gegensatz zu vollelektrischen Antrieben: Denn hier sind lange Ladezeiten und somit lange Standzeiten oder gar die Notwendigkeit eines kabelgebundenen Betriebs eine Herausforderung.

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Ein Kilogramm Wasserstoff ersetzt circa drei Liter Diesel.
Die Verbrennungseigenschaften von Wasserstoff ermöglichen es dem Wasserstoffmotor, die gleiche Leistung, das gleiche Drehmoment und den gleichen Wirkungsgrad wie die JCB-Maschinen mit konventionellem Antrieb zu erbringen, allerdings frei von CO2. Zudem sei die Technologie von modernen Dieselmotoren bewährt, kosteneffizient, robust und zuverlässig: „Unsere Kunden wollen ihre gewohnte Technik weiter nutzen, aber mit einem CO2-neutralen Treibstoff einsetzen“, heißt es von JCB. Und es würden für Dieselmotoren keine seltenen Erden benötigt, wie etwa für die Herstellung von Batterien in Elektrofahrzeugen.

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Ausgewählte Modelle aus der Kompaktklasse seiner Baumaschinen bietet JCB auch als Elektroversion an.
Kleine Bagger elektrisch
Dennoch verschließt sich JCB auch dieser Technologie nicht. Neben dem Wasserstoffantrieb arbeiten die Briten auch an batterieelektrischen Antrieben für ihre Baumaschinen. Weil größere Maschinen mit einem höheren Energiebedarf jedoch den Einsatz von wesentlich größeren Batterien (mit einem entsprechend hohen Gewicht) erfordern würden, ist JCB für diese Sparte eben auf den Wasserstoff gekommen. Dagegen eignen sich Elektroantriebe besonders für kleinere Maschinen, da diese weniger Betriebsstunden leisten und in der Regel weniger Kraftstoff verbrauchen würden. Daher hat sich JCB beim Thema Elektroantrieb auf seine Kompaktbaureihe konzentriert, zu der auch der Teleskoplader 525-60E und der Minibagger 19C-1E gehören sowie weitere Arbeitsgeräte, wie ein Raddumper, ein Kleinstapler oder eine Hubarbeitsbühne. Diese Elektro-Serie ist bereits am Markt erhältlich. Um diese Maschinen möglichst überall am Laufen zu halten, bietet JCB auch für sie eine mobile Ladeeinheit an. Die darin integrierten Akkus haben eine Kapazität von 23 oder 46 kWh.
Hintergrund – Der lange Weg zur Klimaneutralität
Mit dem Motto „Road to Zero“ ist der Weg zu null Emissionen gemeint. Bei JCB heißt es dagegen „Offroad to Zero“ – angelehnt an die Einsatzorte der gelben Baumaschinen und Traktoren. JCB verkauft eigenen Angaben zufolge pro Jahr weltweit rund 100.000 Maschinen. Davon entfallen 15 % auf Kompaktmaschinen, die für rund 5 % des CO2-Fußabdrucks der Fahrzeugflotte verantwortlich sind. Entsprechend klein ist hier das Einsparungspotenzial. 70 % der verkauften Maschinen stammen aus dem mittelgroßen Segment, die 70 % des gesamten CO2-Ausstoßes verursachen. Die restlichen 15 % entfallen auf schwere Maschinen, die mit 25 % am CO2-Fußabdruck beteiligt sind. Somit ist das Potenzial, möglichst klimaneutral zu arbeiten, vor allem bei den größeren Segmenten höher.
Die neuesten Dieselmotoren (diese baut JCB übrigens zum Teil ebenfalls selbst), die den europäischen Vorschriften der Stufe V entsprechen, haben laut JCB seit 1999 bereits eine Verringerung der NOx-Emissionen um 97 % und der Partikelemissionen um 98 % bewirkt. Darüber hinaus verbrauchen die JCB-Maschinen von heute laut Hersteller im Durchschnitt 50 % weniger Kraftstoff als die Maschinen, die vor mehr als zehn Jahren hergestellt wurden – das reduziert die Emissionen ebenfalls.
JCB rüstet seine Maschinen seit etwa 2010 mit einem Telemetrie-Modul aus. Über die Online-Plattform JCB LiveLink kann der Hersteller beziehungsweise der Anwender sämtliche Maschinendaten auslesen, darunter auch den Verbrauch. Weltweit habe das Unternehmen somit den Einblick in rund 500.000 Maschinen. Seitdem habe sich der CO2-Ausstoß um fast die Hälfte reduziert: Von 45 Tonnen pro Maschine und Jahr auf 25. Das Ziel ist, den Ausstoß bis 2030 auf 10 Tonnen weiter zu senken. 2050 sollen (und dürfen) die Fahrzeuge schließlich gar kein CO2 mehr emittieren.

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Der Wasserstoffmotor basiert auf einem Dieselaggregat von JCB.
Hintergrund – Wasserstoff: Brennstoffzelle oder Verbrennungsmotor?
Fahrzeuge mit Wasserstoff als Antriebsquelle können auf zwei völlig verschiedene Arten arbeiten. Brennstoffzellen erzeugen aus Wasserstoff und Sauerstoff elektrischen Strom und (Ab-)Wärme. Dieser Prozess wird auch „kalte Verbrennung“ genannt. Brennstoffzellen-Fahrzeuge sind technisch betrachtet also eher ähnlich wie Elektrofahrzeuge mit Speicherbatterien. Dagegen dient Wasserstoff im Verbrennungsmotor als Treibstoff, der (zusammen mit Luft vermischt) explosionsartig verbrannt wird. Das Funktionsprinzip ist von Diesel- und Benzinmotoren bekannt, daher sind Wasserstoff-Verbrenner sehr ähnlich aufgebaut wie diese.
Wie wird Wasserstoff hergestellt?
Wasserstoff kommt nur in Verbindungen vor, also nicht als reines Element. Daher muss er durch Zugabe von Energie aus einem Ausgangsstoff abgespalten werden. Die Produktion von Wasserstoff lässt sich in drei Arten unterteilen: die Umwandlung von Kohlenwasserstoffen (CH-Verbindungen), die Spaltung von Wasser sowie der Gewinnung aus Biomasse. Wasserstoff ist oft ein Nebenprodukt in der Industrie, das manchmal sogar einfach ungenutzt in die Atmosphäre entlassen wird.
Die größte Baustelle, um Wasserstoff im großen Stil als Treibstoff herzustellen, ist ein kostengünstiger und möglichst klimafreundlicher Prozess: Wasserstoff ist derzeit noch viel zu teuer als Treibstoff. Ein Bestreben ist, Produktionsanlagen für Wasserstoff in großem Stil zu bauen. Der nötige Strom für die Wasserstoff-Herstellung soll dabei aus erneuerbaren Energiequellen stammen (Photovoltaik- oder Windkraftanlagen am selben Gelände). Das Produkt wird als Grüner Wasserstoff bezeichnet. Wird der Wasserstoff dagegen aus Erdgas hergestellt, entsteht dabei auch CO2. Dieses entweicht entweder in die Atmosphäre (Grauer Wasserstoff) oder wird in unterirdischen Speichern gelagert (Blauer Wasserstoff). Auch Atomkraft kann als Energiequelle für (Gelben) Wasserstoff genutzt werden.
Derzeit sind rund 60 kWh Strom nötig für die Produktion von 1 kg Wasserstoff, das eine Energiedichte von rund 33 kWh aufweist. Somit liegt der Wirkungsgrad der Wasserstoff-Produktion bei rund 55 Prozent.
SCHNELL GELESEN
JCB arbeitet – wie auch andere Hersteller – unter Hochdruck an klimaneutralen Antrieben. Und hat mittlerweile vor allem bei den Baumaschinen eine einsatzbereite Flotte auf die Räder gestellt, die teilweise bereits am Markt erhältlich ist. Wann der erste Fastrac zu sehen sein wird, der keinen Diesel mehr benötigt, wollte oder konnte JCB noch nicht sagen.