Weiteres Wachstum – aber nicht um jeden Preis

Der österreichische Futterernte- und Bodenbearbeitungspezialist hat mit Akquisitionen von CFS und Mater Macc sein Angebot in der Kulturpflege und Aussaat erweitert. Wie sich die mittelfristige Strategie des Familienunternehmens gestaltet, erfragte der eilbote bei der Geschäftsführung in Grieskirchen.

Pöttinger: Weiteres Wachstum – aber nicht um jeden Preis

Einzelkornsätechnik vom Spezialisten Mater Macc (li.) und die neue Sparte Kulturpflege von CFS ergänzen das Pöttinger-Portfolio.

Pöttinger: Weiteres Wachstum – aber nicht um jeden Preis

Der Sprecher der Pöttinger Geschäftsführung, Gregor Dietachmayr, (li.) und Vertriebsbereichsleiter Deutschland und Österreich, Alfred Sandmayr.

„Unsere angestammten Märkte bieten noch genügend Potenzial“, antwortet Gregor Dietachmayr auf die Frage, wie Pöttinger international weiter expandieren will. Dietachmayr (57) ist seit 2014 Mitglied der Pöttinger Geschäftsführung und seit 2018 ihr Sprecher. Er ist für die Bereiche Marketing und Vertrieb verantwortlich. Seit 2018 sind keine Pöttinger Familienmitglieder mehr in der operativen Geschäftsführung vertreten. Die Brüder Heinz und Klaus Pöttinger sind aber als Gesellschafter weiter nah dran an den strategischen Weichenstellungen des Unternehmens.

„Wir betrachten uns als ein österreichisch/deutsches Unternehmen“, beschreibt Dietachmayr den Markenkern. Gut ein Drittel des Umsatzes erwirtschaftet der Landmaschinenhersteller mit dem Kleeblatt im Logo in seinem Heimatland und in Deutschland unter der Regie von Alfred Sandmayr. Der 35-jährige studierte Agrarökonom kommt vom Hof. Er startete 2014 seine Karriere bei Pöttinger als Trainee. Heute ist er Vertriebsbereichsleiter für beide Länder. Hier betreibt man zwei eigene Niederlassungen für Schulung, Kundendienst und Ersatzteile in Hörstel (Nordrhein-Westfalen) und Landsberg (Bayern). Hinzu kommt noch das Sätechnikwerk in Bernburg.

Zu den Pöttinger-Vertriebspartnern gehören mittlere und größere private Händler, aber auch Genossen. Im Süden arbeitet man seit über 70 Jahren mit der BayWa zusammen – „höchst erfolgreich“, wie Dietachmayr betont. Als größter Fendt Vertriebspartner ist die BayWa allerdings immer stärker aufgefordert, ihren Landwirten Agco Futtererntetechnik aus Wolfenbüttel und Feucht anzubieten, die im Wettbewerb zu Pöttinger steht.

„Die Zusammenarbeit BayWa/Pöttinger basiert auf 70 Jahren gelebter Partnerschaft. Sie ist für beide Seiten höchst erfolgreich“, stellt Dietachmayr heraus. Er sei für die Zukunft optimistisch. „ Im Zentrum unseres Auftrags steht der gemeinsame Kunde: der landwirtschaftliche Betrieb, der Lohnunternehmer. Wie bieten wir ihm den größten Nutzen und Ertrag? Daran werden doch wir und unsere Vertriebspartner gemessen.“ Pöttinger wolle zukünftig seine Unabhängigkeit als Mittelständler wahren.

Ackerbau- und Grünlandtechnik: Von ein Drittel zu zwei Dritteln auf Hälfte/Hälfte

Pöttinger bietet Technik für die Futterernte, wie auch für den Ackerbaubetrieb. Aktuell trägt die Futterernte noch gut zwei Drittel zu den 506 Millionen Euro Umsatz bei, ein Drittel Technik für Aussaat und Bodenbearbeitung. Gute Milchpreise haben das Geschäft mit Mäher, Zettern und Schwadern belebt, aber auch bei der Technik für den Ackerbauern verzeichnet Alfred Sandmayr gerade bei größeren Profibetrieben Erfolge für Pöttinger. Im Nordosten Deutschlands wünscht er sich noch ein etwas engmaschigeres Händlernetz. „Mittelfristig wird sich unser Verhältnis von Futterernte und Ackerbau auf 50:50 einpendeln“, lautet Dietachmayrs Prognose. Dazu tragen die Akquisitionen von CFS und jüngst Mater Macc bei. CFS mit Sitz im niederösterreichischen Stoitzendorf ergänzt das Programm der Kulturpflege. Pöttinger kaufte diesen Bereich aus dem jungen Unternehmen heraus. In Stoitzendorf baut man weiter Technik für Sonderkulturen und vertreibt diese unter eigenem Namen.

Aktuell fertigt man mit circa 30 Mitarbeitenden Rollhacken, Hackgeräte und zukünftig auch Striegel in Pöttinger-Farben. Der Ausstoß soll sich in zwei bis drei Jahren auf 1.100 Maschinen pro Jahr steigern. Die jüng- ste 4,5-Millionen-Euro-Investition in den Standort schaffte die Voraussetzungen dafür.

Pöttinger: Weiteres Wachstum – aber nicht um jeden Preis

Das Pöttinger Deutschland-Team.

Neuer Standort in Italien

Zur letzten SIMA verkündeten die Grieskirchener den Kauf des Einzelkornsaat-Spezialisten Mater Macc im norditalienischen San Vito al Tagliamento. Sie übernahmen das Unternehmen vom chinesischen Lovol Konzern inklusive des Werks, den Markenrechten und 84 Mitarbeitenden. Mater Macc soll nach und nach an den Pöttinger Produktionsstandard herangeführt werden. Vorerst bleibt noch der Name und das Distributionsnetz von Mater Macc erhalten. Das Unternehmen baut und vertreibt eigene Maschinen, ist aber auch ein weltweit anerkannter OEM-Hersteller von Einzelkornsäaggregaten. Mittelfristig sollen die Maschinen aus Norditalien dann den Pöttinger Schriftzug tragen.

Zur Zeit entsteht hier ein neues Pöttinger Kompetenzzentrum Einzelkornsätechnik. Es arbeitet eng mit dem Kompetenzzentrum Sätechnik in Bernburg zusammen. Weitere Kompetenzzentren gibt es für Bodenbearbeitung im tschechischen Werk Vodnany, für Kulturpflege in Stoitzendorf und für Futtererntetechnik in Grieskirchen.

Mit Hacktechnik und Einzelkornsaat ist das Portfolio für den Ackerbau nun fast komplett. Auf der Suche ist man aktuell noch im Bereich der Düngetechnik, wobei die Schleuderstreuer nicht unbedingt im Fokus stehen. Kein Thema sind Investitionen in den Bereich chemischer Pflanzenschutz.

Aber auch die Futtererntesparte entwickelt sich erfreulich. Pöttinger ist mit einem sehr breiten Programm Weltmarktführer bei Ladewagen. Viel Potenzial sieht man noch im Pressenprogramm und bei den Merger Bandschwadern.

Pöttinger: Weiteres Wachstum – aber nicht um jeden Preis

Im letzten Jahr übernahm Pöttinger das Mater Macc Werk in Italien mit 84 Mitarbeitenden.

Weltmarktführer bei Ladewagen

Investitionen in Märkte und Produkte auf der einen Seite setzen Investitionen in Produktion und After Sales voraus. Allein die neue Fertigung in Sankt Georgen ist mit 25 Millionen Euro budgetiert. Im noch jungen zentralen Ersatzteillager Taufkirchen lagern 50.000 Artikel. Weltweit gibt es weitere Ersatzteilstützpunkte.

Pöttinger, bisher Longliner in der Futterernte, strebt die gleiche Position für den Ackerbau an. Mit CFS und Mater Macc hat man, wie die Wettbewerber in Grün/Orange, Blau und Rot, sein Portfolio mit mechanischer Kulturpflege und Einzelkornsätechnik komplettiert. Mit einer starken Position in Deutschland und Österreich – gut ein Drittel des Umsatzes kommt hierher – hat man über eigene Vertriebsgesellschaften das Geschäft in den europäischen Nachbarländern ausgebaut. Starke Märkte sind UK und Frankreich. Auch große Länder in Übersee, hier vor allem Nordamerika und Australien, entwickeln sich aus Sicht Pöttingers zügig. Bevor man weitere Märkte wie Indien oder andere Schwellenländer erschließt, will man Potenzial in bestehenden Absatzgebieten noch besser ausschöpfen.

Internationalisierung, Ausbau des Produktprogramms, Konsolidierung der neuen Standorte und Investitionen in bestehende Werke: Die Aufgaben für Georg Dietachmair, seine vier Geschäftsführerkollegen und die über 2.000 Pöttinger Mitarbeitenden gehen vorerst nicht aus.


Mehr zu Hersteller Pöttinger

Pöttinger

Herstellerdaten Pöttinger

  • Gründungsjahr: 1871
  • Umsatz in Mio. €: 308,1
  • Anzahl Mitarbeiter: 1700
  • Branche: Landtechnik
  • Website: www.poettinger.at

Weitere Artikel zum Thema

weitere aktuelle Meldungen lesen