Mähdrusch: Häcksler werden komplexer

In den vergangenen Jahren wurden viele Weiterentwicklungen im Bereich Häcksel- und Verteiltechnik an Mähdreschern vorgestellt. Je nach Hersteller bestehen große technische Unterschiede im Detail. Dazu ein Beitrag von Prof. Dr. Thomas Rademacher, TH Bingen.

Residue Management: Mähdrusch: Häcksler werden komplexer

OptiSpreadTM Automation von New Holland mit beidseitigen Radarsensoren zur Messung des Verteilbildes beim Häckseln.

Residue Management: Mähdrusch: Häcksler werden komplexer

Abgeernteter Weizenschlag mit kurzer Stoppel und kurzem, gut verteiltem Häckselgut – beste Voraussetzungen für die nachfolgende Mulchsaat von Raps.

Das sogenannte Residue Management, zu Deutsch: Häckseln und Verteilen von Stroh und Spreu, gewinnt an Bedeutung, weil eine hohe Arbeitsqualität vor allem bei wassersparenden Mulchsaatverfahren der Schlüssel für den Anbauerfolg ist. Strohhäcksler mit Streublechverteiler sind zwar fast so alt wie der Mähdrescher selbst. Doch mit Zunahme der Arbeitsbreiten und Einbau zusätzlicher Abscheiderotoren in Schüttlermaschinen bzw. Entwicklung schüttlerloser Mähdrescher nahm die Kurzstroh- und Spreumasse zu. Folglich wurden Spreuverteiler hinter der Reinigung ergänzt. Daher ist die Häckseltechnik immer in Kombination mit der Spreuverteiltechnik zu betrachten. Die Hersteller bauen bis heute folgende Techniken:

■ separater Spreuverteiler und Häcksler mit Streublechverteiler

■ Einleiten der Spreu in den Häcksler mit Streublechverteiler

■ separater Spreuverteiler und Häcksler mit Wurfgebläse

■ Einleiten der Spreu in den Häcksler mit Wurfgebläse

■ direktes Einleiten der Spreu in das Wurfgebläse

Getrennte Spreuverteiler und Häcksler bieten eine große Variabilität bei der Spreunutzung. Stroh kann sowohl mit als auch ohne Spreu geborgen werden. Da bei der Strohbergung meistens kaffarmes Stroh bevorzugt wird, verändern einige Spreuverteiler bei Schwadablage die Wurfrichtung zur Seite. Wird die Spreu in den Häcksler geleitet, so entsteht ein kompakter einfacher verteilbarer Gutstrom, auch, weil je nach Konstruktion der Luftvolumenstrom des Spreuverteilers die Gebläseleistung des Häckslers erhöht. Das ist vorteilhaft bei großen Kaff- und Kurzstrohmassen, insbesondere bei Rotor-Mähdreschern mit Wurfgebläse und Systemen mit Streublechverteilern. Wird die Spreu direkt ins Wurfgebläse eingeleitet, entfällt das zusätzliche, unnötige Schneiden der Spreu. Das spart Diesel.

Das Zu- und Abschalten des Häckslers geschieht bei vielen Modellen noch manuell hinten am Mähdrescher. Die Arbeitsschritte reichen vom einfachen Umlegen des Leitbleches und Koppeln/Entkoppeln des Antriebes bis zum komfortablen Zu- und Abschalten von der Kabine.

Residue Management: Mähdrusch: Häcksler werden komplexer

Separater Spreuverteiler und Häcksler mit Wurfgebläse. Bei Schwadablage (unten) wird das Stroh ohne Spreu geerntet.

Residue Management: Mähdrusch: Häcksler werden komplexer

Häcksler mit vier Messerreihen und einstellbarer Gegen- und Nachscheide. Die Spreu wird direkt in das Wurfgebläse eingeleitet.

Bei Groß-Mähdreschern kann die Leistungsaufnahme eines Häckslers durchaus 100 kW und mehr betragen. Bei einem spezifischen Kraftstoffverbrauch von 250 g/kWh ergibt sich daraus ein stündlicher Verbrauch von knapp 30 l/h, was bei einer Druschleistung von 4 ha/h einem Dieselverbrauch von 7,5 l/ha nur für das Häckseln und Verteilen entspricht. Ein zu kurzes Häckselgut ist daher nicht anzustreben.

Bei einem derart hohen Energieinput ist es kaum verwunderlich, dass die Hersteller auch an kleinen Schrauben drehen. Um einen größeren Windvolumenstrom zu erzeugen, sind die Messer im neuen Häcksler der X9 Baureihe von John Deere sogar mit der Kopie der kleinen Vertiefungen auf der Oberfläche eines Golfballes versehen. Diese erzeugen weniger Verwirbelungen und sollen somit den Dieselverbrauch reduzieren. Andererseits wird beim Häckseln und Verteilen aber auch gerne gespart, weil die Ansprüche der Kunden weltweit völlig unterschiedlich und somit die Stückzahlen von Häckslern geringer als von Mähdreschern sind. In Regionen mit Sojabohnen-, Mais- und Weizenanbau mit ausschließlicher Direktsaat wie in Argentinien sind die Mähdrescher anstelle eines Häckslers nur mit einem kostengünstigen und wenig Antriebsleistung erfordernden Paddelverteiler ausgerüstet.

Residue Management: Mähdrusch: Häcksler werden komplexer

Gehäckseltes und gleichmäßig verteiltes Stroh von Hybridgerste. Der Anteil Überlängen ist gering und erlaubt eine sachgerechte Mulchsaat von Raps.

Residue Management: Mähdrusch: Häcksler werden komplexer

Ein von der DLG entwickelter Standard zur Bewertung von Häckseln und Verteilen am Mähdrescher fokussiert vor allem auf den Anteil Überlängen von mehr als 10 cm Länge im Häckselgut. Ein Anteil von 5 bis 10 % ist für die Direktsaat bereits kritisch, für die Mulchsaat noch akzeptabel. Beträgt dieser Anteil bis zu 15 %, so ist eine keimlingsgerechte Einbettung von Saatgut bei Mulchsaat bereits kritisch. Dann und darüber hinaus ist es ratsam zu pflügen.

Die Überlängen gehen natürlich einher mit der Querverteilung des Häckselgutes. Für alle Saatverfahren, vor allem für die Direktsaat, empfiehlt sich ein Variationskoeffizient von weniger als 20 %. Dieser ist insbesondere bei Seitenwind kaum realisierbar. Bereits bei einem Variationskoeffizienten von 30 bis 40 % ist eine sachgerechte Mulchsaat kritisch zu bewerten.

Die Hersteller bieten sogenannte Premium-Häckselrotoren mit sechs oder sogar acht Messerreihen an. Unter sonst gleichen Bedingungen, das heißt bei unveränderter Zuführgeschwindigkeit und Drehzahl, erhöht sich die Schnittfrequenz um 50 % bei sechs und verdoppelt sich bei acht Messerreihen. Entsprechend kürzer wird das Häckselgut geschnitten. Jedoch schneiden die Messer dann mehr mit den Kanten als mit der Schneide. Sind die Messerkanten dann rund geschlissen, entstehen mehr Überlängen. Dem wird dann mit entsprechend aggressiver eingestellter Gegenschneide entgegengewirkt, was wiederum den Dieselverbrauch erhöht. Daher bleiben einige Hersteller strikt bei der Version mit vier Messerreihen, weil dabei die Schneiden der Messer intensiver genutzt werden, die Schnittqualität also über eine längere Nutzungsdauer erhalten bleibt.

Grundsätzlich gilt: Je kürzer die Zeit bis zur Bestellung der Folgefrucht, desto größer werden die Ansprüche an die Häcksellänge und Querverteilung. Zur Bestellung einer Sommerung darf das Häckselgut länger sein, bei gleichbleibenden Anforderungen an die Querverteilung. Längeres Häckselgut spart nicht nur Diesel, sondern erhöht insbesondere bei Strohmulch den Erosionsschutz.

Folglich fokussieren die Hersteller nicht nur auf die Häcksellänge, sondern auf die Häckselgutverteilung mit Hilfe von Regeltechniken. 2018 begann sogar die Automatisierung der Häcksellänge. Beim System CEMOS Auto Chopping von Claas gibt der Bediener eine mittlere Häcksellänge vor. Abhängig von der Strohfeuchte stellt die Automatik die Gegenschneide und die Nachschneide so ein, dass die gewünschte Häcksellänge beibehalten wird. Dies erspart das lästige manuelle Einstellen von Gegenmessern und Nachschneide und spart darüber hinaus Diesel. Denn allzu oft bleibt das Zurückstellen auf weniger aggressives Häckseln vergessen, wodurch sich der Dieselverbrauch erhöht.

Die Pendel- oder Windsensoren (Querverteilung) an den Haltern der Rückleuchten messen Seitenwind beziehungsweise richten sich am Seitenhang lotrecht aus, sodass die Regeltechnik die Wurfrichtung des Radialverteilers mehr gegen den Wind beziehungsweise hangaufwärts richtet. Folglich wird durch diese indirekte Messung das Häckselgut gleichmäßiger querverteilt. Das kostengünstige System hat sich vor allem bei Groß-Mähdreschern etabliert.

Eine direkte Messmethode stellte New Holland zur letzten Agritechnica vor, das OptiSpreadTM Automation. An beiden Seiten des Mähdreschers angebrachte 2D-Radarsensoren messen die Geschwindigkeit und die Wurfweite des Häckselgutes, somit das Verteilbild. Entspricht das Ist-Verteilbild aufgrund von Seitenwind oder sonstigen Ereignissen nicht mehr dem Soll-Verteilbild über der gesamten Arbeitsbreite, so wird die Drehzahl der hydraulisch angetriebenen Wurfgebläse an beiden Seiten getrennt entsprechend erhöht oder reduziert, bis das Verteilbild wieder dem Sollbild entspricht.

Residue Management: Mähdrusch: Häcksler werden komplexer

Die Vertiefungen am Messer sollen wie bei einem Golfball Verwirbelungen minimieren und so Diesel sparen.

Beikrautsamen zerstören

Zusätzlich zu den Häckslern werden in Trockenregionen mit einem hohen Maß an herbizidresistenten Beikräutern Schrotmühlen an Mähdrescher gebaut, um die Reinigungsabgänge und somit die Beikrautsamen zu zerstören. Derartige Seeddestructoren sind prinzipiell Hammermühlen mit einem hohen Antriebsleistungsbedarf. In Übersee können mit diesen Techniken circa 80 Prozent der Unkrautsamen zerstört werden.

Neue Konstruktionsansätze fokussieren vor allem auf einen reduzierten Leistungsbedarf und eine kompakte Bauweise, um nach wie vor den Schneidwerkwagen koppeln zu können. Unter mitteleuropäischen Erntebedingungen sind zum Beispiel zur Weizenernte meistens circa 80 Prozent der Ungrassamen (Ackerfuchsschwanz, Windhalm) bereits ausgefallen. Darüber hinaus sind die Stroherträge bei höherer Feuchtigkeit hier viel größer. Leichte Beikrautsamen befinden sich folglich auch noch im Stroh. Die natürlichen Voraussetzungen für eine Technik zur mechanischen Beikrautsamenzerstörung sind daher vollkommen anders als in Übersee. Ob sich diese Techniken bei uns etablieren werden, ist fraglich. Denn ihr Leistungsbedarf ist unter unseren Bedingungen schätzungsweise so hoch wie der eines Häckslers anzusetzen – vor dem Hintergrund der Reduktion von CO2-Emissionen für die Nahrungsmittelproduktion sicher nicht empfehlenswert.

SCHNELL GELESEN

Vor dem Hintergrund zunehmender Trockenheit vor der Aussaat von Winterfrüchten nehmen die agronomischen Anforderungen an die Arbeitsqualität der Häcksel- und Verteiltechniken von Mähdreschern zu. Dies gilt insbesondere bei zunehmenden Arbeitsbreiten. Daher werden die Techniken immer komplexer. Neben den üblichen Varianten mit manueller Einstellung von Häcksellänge und Verteilbreite werden zunehmend Techniken mit Automatikfunktionen entwickelt. Diese sind die strohfeuchteabhängige Häcksellänge sowie die indirekt und neuerdings auch direkte Messung der Querverteilung mit Radarsensoren und ihre Regelung nach Soll-Istwert-Vergleich.

Unkrautsamen mit aus Übersee stammenden, sogenannten Seeddestructoren zerstören, liegt von der Idee nahe. Jedoch sind die Erntebedingungen bei uns derart different, dass der Effekt dieser Technik fraglich ist und darüber hinaus die CO2-Emissionen für die Nahrungsmittelproduktion zunehmen. Agronomische Maßnahmen wie Fruchtfolgeauflockerungen mit Sommerungen erscheinen praktikabler.


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