„Gut 200 Pflanzungen pro Stunde sind zu schaffen!“

Finnische Forstspezialisten entwickelten einen Vorsatz zum schlagkräftigen Pflanzen von Laub- und Nadelbäumen. Die Pflanzgeräte kombinieren alle Phasen der Pflanzung: Bodenbearbeitung, Bewässerung, Düngung, Schutz gegen Wilderverbiss und automatische Dokumentation. Wir haben das Gerät bei der Arbeit begleitet.

Risutec Forst-Pflanztechnik: „Gut 200 Pflanzungen pro Stunde sind zu schaffen!“

Die Pflanztechnik von Risutec findet sich nicht nur in den finnischen Wäldern. Die ausgeklügelte Technik ermöglicht den Pflanzeinsatz auf unterschiedlichsten Standorten.

Risutec Forst-Pflanztechnik: „Gut 200 Pflanzungen pro Stunde sind zu schaffen!“

Holzreste stellen bei der Aufforstung eine besondere Herausforderung dar.

„Oh Täler weit, oh Höhen, oh schöner, grüner Wald, Du meiner Lust und Wehen“, dichtete Joseph von Eichendorff 1810, also vor etwas mehr als 200 Jahren. Zurzeit haben die Waldbesitzer eher nur Wehen. Eichendorff würde staunen, wie weit die „Höhen“ stellenweise aus den grünen Wäldern klaffen.

Trockene Sommer in Folge, milde und verhältnismäßig niederschlagsarme Winter, der Borkenkäfer, der Klimawandel, nicht zuletzt die Stürme des Februar 2022 – Gründe für den aktuell problematischen Waldzustand finden sich genug. Zu jedem Themenbereich finden sich Experten – ebenso vielseitig wie die Flora des Waldes. Wenn es um den Wald geht, geht es immer auch um Klima, Umweltverschmutzung, Wasserspeicher, Energieressourcen, Allgemeingut und Privatbesitz. So auch aktuell.

Laut Einschätzung des Landwirtschaftsministeriums sind circa 280.000 Hektar des deutschen Waldes geschädigt und circa 110.000 Hektar müssen ersetzt werden.

Das sollte möglichst zügig geschehen. Je nach Standort wäre eine Aufforstung durch eine natürliche Regeneration zu langsam. Denn, wo kaum noch Bäume sind, stehen auch kaum „Mutterbäume“ zur Verfügung. Gleichzeitig würden die Pionier-Pflanzen als erste die Fläche besiedeln und den Durchwuchs von Jungbäumen erschweren. Das kann für Steillagen über mehrere Jahre eine starke Erosionsgefahr bedeuten. Vielstimmig und laut geht es zum Thema auch um geeignete Baumarten, die zukünftige Zusammensetzung und Nutzungsintensität des Waldes. Weniger spektakulär im Fokus der Öffentlichkeit steht die Frage: Wie kommen die Bäume eigentlich in die Erde?

Von der Debatte zum Boden

Die natürliche Regeneration eines Waldes kann einige Jahrzehnte in Anspruch nehmen. Aber bleibt überhaupt so viel Zeit? Also ist eine Pflanzung unumgänglich. Nach wie vor wird der überwiegende Teil der Jungpflanzen manuell gesetzt. Pflanzkolonnen ziehen mit Pflanzhacke oder Pflanzbohrer in die Wälder. Das ist personalintensiv und eine nicht zu unterschätzende körperliche Arbeit, nicht nur an schlecht zugänglichen Standorten oder in Hanglagen. Wurzelstumpen und Äste, schmale oder gar keine Zuwegung schließen den maschinellen Einsatz nahezu aus, dazu die Witterung und Insekten. Das muss man aushalten.

Bei Neuanlagen auf gut zugänglichen Flächen mit einem gleichmäßigen Bodenprofil ist der Maschineneinsatz durchaus möglich. Aber auch hier werden die Pflanzen letztendlich häufig manuell eingesetzt.

Risutec Forst-Pflanztechnik: „Gut 200 Pflanzungen pro Stunde sind zu schaffen!“

Das Forstunternehmen Möller arbeitet zur Pflanzung von Containerpflanzen mit dem Risutec Modell SKB-120, das in verschiedenen europäischen Ländern zum Einsatz kommt.

Pflanz-Revolver-Helden im Wald

Finnland ist mit rund 73 Prozent der Landesfläche eines der waldreichsten Länder Europas, das ist mehr als der europäische Durchschnitt von circa 35 Prozent. Waldbewirtschaftung unter den besonderen klimatischen Verhältnissen und Bodenbedingungen ist in Finnland Tagesgeschäft. Die Bedeutung des Waldes im Bewusstsein der Bevölkerung ist dort ebenso groß wie im Portemonnaie. Und man ist etwas pragmatischer, wenn es um Aufforstung geht.

Dieser reiche Schatz an Erfahrung der praktischen Forstwirtschaft fließt in die Forsttechnik des finnischen Unternehmens Risutec in Nakkila, südwestlich von Pori Richtung Helsinki, ein. Seit 2007 arbeitet das Risutec-Team an pragmatischen Lösungen für die Forstwirtschaft. Inzwischen ist die Risutec-Technik rund um die Welt im Einsatz, ganz gleich, ob in den Wäldern Europas, Südamerikas oder des Fernen Ostens.

Jussi Aikala ist Gründer und Konstrukteur. Das Risutec Modell SKB-120 kommt in verschiedenen europäischen Ländern zum Einsatz, wie Deutschland, Frankreich und Spanien. In die „Revolver-Batterie“ passen 120 bis 180 Container-Pflanzen, ganz gleich, ob Laub- oder Nadelhölzer. Die Setzlinge können bis zu 40 Zentimeter groß sein.

Das Werkzeug zur Bodenvorbereitung ist austauschbar, entsprechend den Anforderungen auf den vorgesehenen Pflanzflächen. Die Pflanzgeräte kombinieren alle Phasen der Pflanzung: Bodenbearbeitung, Bewässerung/ Düngung, Pflanzung, Auftragen von Pestiziden gegen Wilderverbiss, Dokumentation mit dem Automatischen ASTA-System. Das Modell AS-720 ist die größte Ausführung mit Platz für 720 Containerpflanzen und bereits in Chile zur Pflanzung von Eukalyptus-Bäumen im Einsatz. Das Modell PM-160 ist speziell für die feuchten Waldregionen in Skandinavien konzipiert. Nicht nur die geeignete Technik ist dem finnischen Team wichtig. Jussi Aikala: „Transparenz und Belegbarkeit der durchgeführten Arbeiten gewinnen auch in der Forstwirtschaft an Bedeutung.“ Mit dem von Risutec entwickelten Forst GPS- und Dokumentationssystemen ASTA und ASTA-ex ist die Gefahr, den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr zu sehen, nahezu ausgeschlossen. Pflanzungen lassen sich exakt planen und organisieren, wie auf einem Gitternetz.

Risutec Forst-Pflanztechnik: „Gut 200 Pflanzungen pro Stunde sind zu schaffen!“

Nachdem mit dem Jätezinken der Boden geräumt ist und der Pflanzspaten den Boden geöffnet hat, rutscht die Pflanze in das Pflanzloch.

Risutec Forst-Pflanztechnik: „Gut 200 Pflanzungen pro Stunde sind zu schaffen!“

Zum Schluss wird der Boden an der Pflanze mit den Hydraulikstempeln (links und rechts vom Zinken) individuell gesteuert rückverfestigt.

Forsttechnik im Einsatz

Das Forstunternehmen Matthias Möller aus Villingen im Sauerland ist seit mehr als 15 Jahren im Forst der Region aktiv. Seit fast zwei Jahren ist das Risutec Produkt SKB-120 im praktischen Einsatz. Am Ausleger des 16 t-Baggers ist der „Pflanzrevolver“ bzw. der SKB-120 angebracht. Der Bagger ist mit breiteren Laufketten ausgestattet, so liegt der Bodendruck bei lediglich bei 0,42 kg/m². Matthias Möller: „In der Regel nutzen wir die vorhandenen Gassen, um nicht zusätzlich Flächen zu belasten.“

Möller verwendet, wie auch seine finnischen Kollegen, Container-Pflanzen. Hier sieht er einen klaren Vorteil: „Die Wurzelballen bleiben feucht, lassen sich beliebig nachwässern. Im Ballen sind die feinen Haarwurzeln geschützt, die ein möglichst schnelles Anwachsen sichern.“ Zudem lassen sich im Container „Starthilfen“ einbringen, wie beispielsweise Dünger, der den Pflanzen den Start erleichtert, um zügig aus dem Kraut-Niveau herauswachsen zu können.

Risutec Forst-Pflanztechnik: „Gut 200 Pflanzungen pro Stunde sind zu schaffen!“

In die „Revolver-Batterie“ passen 120 bis 180 Containerpflanzen, ganz gleich, ob Laub- oder Nadelhölzer. Die Setzlinge können bis zu 40 Zentimeter groß sein.

Risutec Forst-Pflanztechnik: „Gut 200 Pflanzungen pro Stunde sind zu schaffen!“

Mit dem SKB zügig aufforsten

Im Wald treffen wir Philip Hütte, einen langjährigen Mitarbeiter von Matthias Möller. Er füllt gerade den „Revolver“ des SKB 120 mit jungen Containerpflanzen auf.

„Die wurzelnackten Pflanzen sind zwar günstiger“, so Philip Hütte, er zieht eine Pflanze aus dem Container: „Hier kann man gut sehen, wie fein das Wurzelwerk der Jungpflanze ist. Diese haarfeinen Wurzeln muss ein nacktwurzelnder Pflänzling erst wieder aktivieren bzw. aufbauen.“ Kaum ist das Pflanzgerät befüllt, schwingt er sich auf den Bagger an dessen Ausleger das SKB 120 angebaut ist. „Mit dem SKB-120 können wir faktisch in einem Arbeitsschritt den Boden vorbereiten, pflanzen, gegebenenfalls wässern, düngen oder Pflanzenschutz gegen Wildverbiss aufbringen“, sagt Philip Hütte und zeigt es auch gleich.

Unter der Pflanzentrommel – dem „Auslegegerät“ – befindet sich der Jätezinken, mit dem sich der Boden oberirdisch von Holzresten und Wildkraut freischaben lässt. Im eigentlichen Pflanzvorgang fährt unten aus dem Pflanzgerät, hydraulisch gesteuert, der eigentliche Pflanzspaten, der den Boden öffnet. Die Pflanze rutscht durch einen Kanal direkt in die Bodenöffnung. Der Pflanzspaten fährt zurück. Nun drücken zwei Stempel links und rechts vom Pflanzspaten den Boden an. Philip Hütte: „Gut 200 Pflanzungen pro Stunde sind zu schaffen.“ Die Pflanztiefe und Bodenrückverdichtung wird von der Kabine aus gesteuert und individuell angepasst. Die Reihen- und Pflanzenabstände sind bereits festgelegt und werden auf dem Display in der Kabine angezeigt. Philip Hütte: „Allein mit dem Pflanzen ist es ja nicht mehr getan. Es muss bzw. sollte gut dokumentiert sein.“ Schon in der Planung einer Pflanzung sollten verschiedene Aspekte berücksichtigt werden, die dann in der Pflanzung umgesetzt werden, wie z.B. zukünftige Rückegassen. Zur Dokumentation setzt das Forstunternehmen Müller auf die Systeme von Risutec ASTA und ASTA-ex. Damit lassen sich die eventuell vorgesehenen Rückegassen schon bei der Anlage des Waldes problemlos einhalten. Informationen über Pflanzgeschwindigkeit, Anzahl der Setzlinge pro Flächeneinheit und entsprechende Baumarten lassen sich einfach dokumentieren.

Risutec Forst-Pflanztechnik: „Gut 200 Pflanzungen pro Stunde sind zu schaffen!“

Die Werkzeuge unter der Pflanztrommel sind standortangepasst austauschbar. Hier arbeitet man mit einem Bohrer.

Planen und Dokumentieren im Wald

So ist mit Unterstützung dieser Systeme die Dokumentation für z.B. die PEFC Zertifizierung viel einfacher. Die PEFC-Zertifizierung ist die Nachweispflicht für Holz aus ökologischer und nachhaltiger Forstwirtschaft. Das bei Risutec entwickelte Dokumentationssystem ASTA ist ein einfaches „Werkzeug“, das an allen Risutec Forstmaschinen und Geräten genutzt werden kann. ASTA visualisiert die zu bepflanzende Fläche. Über den Zähler kann sowohl die Pflanzdichte pro Hektar bestimmt werden als auch die eigentliche Arbeitsleistung. Gleichzeitig bietet es die Flexibilität, Änderungen der vorgesehenen Pflanzdaten aufgrund möglicher Erschwernisse, zu dokumentieren.

Auf dem Einsatzbagger von Philip Hütte ist Risutec ASTA im Joystick integriert.

Das Risutec-Team kann auf Kundenwunsch häufig verwendete Operationen auf verschiedene Tasten vorprogrammieren, um eine effektive Bedienung zu ermöglichen. ASTA basiert auf dem Android Betriebssystem und ist im Google Play Store verfügbar. Die tragbare Variante des ASTA-Systems ist ASTA-x, via GIS/ GNSS-Empfänger angetrieben. ASTA-x ermöglicht es, mit einem handlichen Gerät Geopunkte zur Pflanzung, Pfahlsetzung, Gruben oder Bohrungen auf einem vordefinierten Raster zentimetergenau zu lokalisieren.

Hintergrund – Das Unternehmen Risutec

Der 2007 gegründete Spezialist rund um die Forsttechnik ist im finnischen Nakkila, südwestlich von Pori in Richtung Helsinki, ansässig. Rund um das vierköpfige Leitungsteam Jussi Aikala (CEO), Cristian Ramirez (Ingenieur/Produktspezialist), Henri Syvänen (Verkaufsleiter) und Lauri Suonpää (Feldingenieur) arbeiten mehr als ein Dutzend Mitarbeiter an der Planung und der technischen Umsetzung der spezialisierten Forsttechnik.

In Frankreich und Tschechien gibt es bereits Vertragshändler. Für Deutschland laufen bisher Vertrieb und Beratung über die finnische Zentrale. Ersatzteile werden per Express geschickt.

Sprachliche Probleme gibt es eigentlich nicht, neben finnisch und englisch spricht man auch schwedisch, deutsch oder russisch.

www.risutec.fi/de/

Hintergrund – Der Forstdienstleister

Matthias Möller ist bereits seit 2004 im und für den Wald unterwegs, spezialisiert auf manuellen und hochmechanisierten Holzeinschlag, Holzrückung, Ernte von Energieholz zur Hackschnitzelgewinnung und Spezialfällungen. Nach dem erfolgreichem Abschluss als Forstwirt hat sich Matthias Möller selbstständig gemacht. Anfangs “nur“ als „Ein-Mann-AG“ und der ersten Maschine, einem Schlepper mit Seilwinde. Nach kurzer Zeit konnte bereits der erste Mitarbeiter angestellt werden.

In Folge des Sturmes Kyrill in 2007 war das Zwei-Mann-Unternehmen schlagartig gefordert und ist gewachsen. Inzwischen laufen im Unternehmen Forstspezialschlepper, Harvester, Rückezüge und ein Lkw-Hacker zur Produktion von Holzhackschnitzeln. Mit der Investition in den ersten Spezialbagger aus dem Haus Sennebogen ist das Arbeitsportfolio weiter professionalisiert. Seit 2015 bildet man Forstwirte aus, derzeit gibt es zwei Auszubildende. Seit 2021 wird jetzt auch die zügige optimal dokumentierte Wiederaufforstung angeboten.


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