eilbote: Wie entwickelt sich der Frühkauf in dieser Saison im Vergleich zu den anderen Jahren?
Michael Holdenried: Bei der akf bank dreht sich die Finanzierung des Frühkaufs in erster Linie um die Finanzierung von Mähdreschern, Häckslern und Erntetechnik allgemein. Das sind Objekte mit bis zu 500.000 Euro Investitionssumme beziehungsweise darüber. Im Gegensatz zu vergangenen Jahren – mit einem Zinssatz nahe Null – beschäftigt uns aktuell ein steigender Zins.
Derzeit sehen wir eine Entwicklung aufgrund der länger gewordenen Lieferzeiten von der indirekten Frühkauffinanzierung zur direkten Frühkauffinanzierung. Bei der direkten Frühkauffinanzierung zahlt die akf bank als Kreditgeber dem Hersteller den Maschinenpreis zum Zeitpunkt der verbindlichen Bestellung durch den Händler. Die Finanzierung läuft auf den Endkunden. Für diese Finanzierung kann sich der Endkunde die momentan gültigen Zinsen durch eine Zinssicherung absichern.
Wann lohnt sich das?
Derzeit ist es ein Rechenexempel, ob eine mögliche Zinsanhebung über die gesamte Laufzeit die Finanzierungskosten mehr erhöht, als die Zinssicherung jetzt kosten würde. Es ist eine Option, die wir anbieten. Sicher ist das Geschäftsmodell abhängig von der erwarteten Zinsentwicklung. Die EZB hat für das erste Quartal bereits eine weitere Zinsanhebung angekündigt.
Wie bewerten Sie die Liquiditätsentwicklung im Landmaschinenhandel?
Auf der einen Seite hat die Marktsituation die Gebrauchtmaschinenhöfe der Händler merklich geräumt und so Liquidität geschaffen. Auf der anderen Seite stehen die Händler vor der Herausforderung, aufgrund des aktuellen Preisniveaus Maschinen zu ordern mit Blick auf die aktuelle Liefersituation und der daraus resultierenden Rechnungsfälligkeit.
Alles in einem Umfeld steigender Zinsen.
Gerade größere Händler haben die zinsgünstigen Jahre genutzt, Eigen- und Fremdkapital in die Modernisierung oder den Neubau von Werkstätten zu investieren.
Und gerade jetzt bietet die Händlereinkaufsfinanzierung durch die akf bank dem Händler den notwendigen Spielraum und die Flexibilität, seinen Lagerbestand zu finanzieren.
Die Händler selbst werden aber auch aufmerksamer beim Verkauf der hochpreisigen Maschinen. Zunehmend werden Neumaschinenbestellungen erst nach Vorliegen einer Finanzierungsbestätigung für Geschäfte mit Lohnunternehmen oder Landwirten vorgenommen.
Wie lautet Ihre Prognose des Geschäftsverlaufs 2023?
Die allseits bekannten Rahmenbedingungen bleiben weiter unsicher: Gestörte Lieferketten, der Krieg und steigende Energiekosten, Inflation und Zinsmärkte. Keiner kann diese Risikofaktoren seriös abschätzen. Wir blicken auf ein starkes Jahr 2022 zurück mit Zuwächsen von bis zu 30 Prozent. Für 2023 gehen wir von einem moderaten Wachstum aus. Wir erwarten ein stärkeres erstes Halbjahr; das zweite Halbjahr wird sich voraussichtlich etwas abschwächen.
Haben Sie Vorsätze?
Die akf bank wird dieses Jahr die beiden Themen „Nachhaltigkeit“ und „Autonome Landtechnik“ weiter vorantreiben. Mit Nachhaltigkeit meinen wir nicht den Erwerb von Zertifikaten für das „Greenwashing“. Wir bieten für Maschinen, die der nachhaltigen Wirtschaftsform dienen (zum Beispiel Gülleausbringtechnik, Spritztechnik), vergünstigte Zinskonditionen. Auch die ersten Roboter für Sonderkulturbetriebe haben wir finanziert. Diesen Sektor wollen wir ausbauen.
Die Fragen stellte Bernd Pawelzik
Im Interview
Michael Holdenried ist seit Juli 2022 Direktor der Sparte akf agrarfinanz des Wuppertaler Finanzdienstleisters. Der 37-jährige Betriebswirt ist seit 2017 als Gebietsleiter Baden-Württemberg für die akf aktiv. Davor war er Betriebsleiter beim Same Deutz-Fahr Zentrum. Dies ist eine Tochter der ZG Raffeisen eG, spezialisiert auf den Vertrieb neuer und gebrauchter Landtechnik. Die akf bank finanziert Investitionsgüter in vielen Branchen.
